5706-303 - Gerolsteiner Kalkeifel | Fauna-Flora-Habitat-Gebiete in RLP

Steckbrief zum FFH-Gebiet

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Größe[ha]:

8.408

Landkreise und kreisfreie Städte:

Eifelkreis Bitburg-Prüm, Vulkaneifel

Verbandsgemeinden und verbandsfreie Gemeinden:

Daun, Gerolstein, Hillesheim, Prüm

Gebietsbeschreibung:

Das Gebiet Gerolsteiner Kalkeifel umfasst großräumig typische Landschaftsausschnitte der Kalkeifel bei Gerolstein und Hillesheim sowie ein südöstlich an die Gerolsteiner Kalkmulde anschließendes vielfältig strukturiertes Laubwaldgebiet der Kyllburger Waldeifel zwischen den Orten Gerolstein im Norden und Mürlenbach im Süden. Bedingt durch die geologische und geomorphologische Vielfalt der Eifel, die unterschiedlichen Bodenarten und dem je nach Exposition trocken-warmen Klima besteht hier ein Mosaik der unterschiedlichsten Lebensräume. Sie beherbergen einen außergewöhnlichen Reichtum besonders an wärmeliebenden Tier- und Pflanzenarten, darunter viele seltene, gefährdete und pflanzengeographisch bemerkenswerte Arten.

Die Gerolsteiner Kalkmulde ist eine der südlichsten Kalkmulden, die sich in Nordost-Südwestrichtung quer durch die Eifel ziehen. Die Mulden sind eingesenkt zwischen die Rücken des unterdevonischen Grundgebirges aus Tonschiefern und Grauwacken. Im Devon befand sich hier ein flaches tropisches Korallenmeer. Im Zentrum der Gerolsteiner Kalkmulde, die von der Kyll und ihren Nebenbächen tief zertalt wird, ragen schroffe Dolomitfelsen, Riffe dieses Meeres, in die Höhe.

Von besonderer Bedeutung und charakteristisches Landschaftselement in der Kalkeifel sind die ausgedehnten orchideen- und wacholderreichen Halbtrockenrasen (Kalktriften) an den Talhängen der Mulden. Zur Hangkante hin und auf den Bergkuppen schließt sich Wald an. In dieser von Offenland geprägten Landschaft treten die Halbtrockenrasen im Verbund mit extensiv genutzten Magerwiesen, Kalkäckern, Übergangs- und Saumbereichen auf. Sie verdanken ihre Arten- und Individuenfülle der menschlichen Nutzung. Ihre Ausbildung als Enzian-Schillergrasrasen ist auf eine Jahrhunderte andauernde extensive Beweidung zurückzuführen. Die Halbtrockenrasen der Eifel sind Lebensraum eines überragenden Tierartenvorkommens, vor allem der artenreichen Tagfalter. Zahlreiche Perlmutter- und Scheckenfalterarten, Bläulinge und Widderchen sind auf diesen Lebensraumtyp angewiesen. Unter anderem hat hier der Wundklee-Bläuling (Polyommatus dorylas) sein bedeutendstes Vorkommen in Rheinland-Pfalz.

Die 500-600 Meter über NN hohe Mittelgebirgslandschaft des Kyllburger Waldrückens ist von welligem Relief und durch das reich verzweigte Fließgewässersystem der Kyll fiederförmig zerschnitten. Die höchste Erhebung ist der Prümscheid mit 675 Metern über NN. Während das Grundgebirge westlich des Flusses Kyll von einer Buntsandsteindecke überlagert wird, besteht der Untergrund hier aus devonischen Schiefern und Grauwacken, die zwischen den Orten Mürlenbach und Neroth durch ein schmales Band aus Kalkstein ersetzt werden, das teilweise von Emsquarziten umgeben ist. Der Prümscheid ist ein Quarzithärtling. Die Tonschiefer und Grauwacken wurden infolge der vulkanischen Aktivitäten im Tertiär durch Basaltkuppen, Schlacken und Tuffe überlagert.

Die Waldflächen im Gebiet bestehen je nach Bodenbeschaffenheit überwiegend aus Hainsimsen-Buchenwald oder artenreichem Waldmeister-Buchenwald. Erwähnenswert sind die Bärlauch-Buchenwälder auf den nordexponierten und die Orchideen-Buchenwälder auf den südexponierten Hängen und Kuppen. Eine Besonderheit sind die Vorkommen des Frauenschuhs (Cypripedium calceolus). Der Altholzanteil mit 150jährigen Buchen und Eichen ist besonders hoch.

Während die zahlreichen Quellbäche von einem Erlen-Eschen-Quellbachwald gesäumt sind, wird dieser entlang der größeren Bachauen vom Sternmieren-Stieleichen-Hainbuchenwald abgelöst. In den größeren Auen und auf einzelnen Rodungsinseln im Wald werden ferner großflächige Magerrasenkomplexe extensiv genutzt. Es bestehen eng verzahnte Biotopkomplexe mit Bruch- und Sumpfwäldern, Buchen-Birken-Eichenwäldern, Moorgesellschaften, Borstgrasrasen und Zwergstrauchheiden, Nass- und Feuchtwiesen und Weihern. Die großen zusammenhängenden Waldbereiche sind Lebensraum gefährdeter Tierarten wie Schwarzstorch, Grau-, Grün- und Schwarzspecht, Trauerschnäpper und Waldkauz. An den Waldrändern fliegen Kaisermantel (Argynnis paphia) und Nagelfleck (Aglia tau). Auf den Talwiesen kommen unter anderem der Braunfleckiger Perlmutterfalter (Boloria selene), der Silberfleck-Perlmutterfalter (Boloria euphrosyne) und der Mädesüß- Perlmutterfalter (Brenthis ino) vor. Der Skabiosen-Scheckenfalter (Euphydryas aurinia) profitiert von den Biotopmosaiken aus Borstgrasrasen, Magerrasen und feuchten Wiesen.

Das Gebiet schließt viele Naturschutzgebiete ein, die seit langem die Reichhaltigkeit schützenswerter Biotope bewahren sollen. Zu nennen sind außer den bereits erwähnten Gerolsteiner Dolomiten unter anderen der Dreiser Weiher, ein kleines entwässertes Maar, der Ernstberg und der Nerother Kopf. Der Nerother Kopf ist wie auch der Ernstberg ein überwiegend mit Laubwald bedeckter pleistozäner Schichtvulkan mit Schlacken-, Tuff- und Basaltvorkommen. Der Ernstberg ist der zweithöchste Berg der Eifel und mit 698 Metern über NN der höchste Vulkan der Westeifel. Seine Höhlen und Stollen, die auf die ehemalige Gewinnung von Mühlsteinen im Basalt zurückgehen, beherbergen zahlreiche Fledermausarten. Allein das Vorkommen der Teichfledermaus verdeutlicht die hohe Bedeutung des Ernstbergs als Winterquartier und als Trittsteinbiotop zu  Wanderungszeiten. Die Vielfalt offener Magerbiotopkomplexe im Umfeld bietet wegen des großen Insektenreichtums ausreichend Nahrung.

Lebensraumtypen (Anhang I):

3150 Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions oder Hydrocharitions
3260 Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranunculion fluitantis und des Callitricho-Batrachion
4030 Trockene europäische Heiden
5130 Formationen von Juniperus communis auf Kalkheiden und -rasen
* 6210 Naturnahe Kalk-Trockenrasen und deren Verbuschungsstadien (Festuco-Brometalia), (* besondere Bestände mit bemerkenswerten Orchideen)
* 6230 Artenreiche montane Borstgrasrasen (und submontan auf dem europäischen Festland) auf Silikatböden
6410 Pfeifengraswiesen auf kalkreichem Boden, torfigen und tonig-schluffigen Böden (Molinion caeruleae)
6430 Feuchte Hochstaudenfluren der planaren und montanen bis alpinen Stufe
6510 Magere Flachland-Mähwiesen (Alopecurus pratensis, Sanguisorba officinalis)
6520 Berg-Mähwiesen
7140 Übergangs- und Schwingrasenmoore
* 7220 Kalktuffquellen (Cratoneurion)
7230 Kalkreiche Niedermoore
8150 Kieselhaltige Schutthalden der Berglagen Mitteleuropas
* 8160 Kalkhaltige Schutthalden der collinen bis montanen Stufe Mitteleuropas
8210 Kalkfelsen mit Felsspaltenvegetation
8220 Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation
8230 Silikatfelsen mit ihrer Pioniervegetation (Sedo-Scleranthion, Sedo albi-Veronicion dillenii)
8310 Nicht touristisch erschlossene Höhlen
9110 Hainsimsen-Buchenwald (Luzulo-Fagetum)
9130 Waldmeister-Buchenwald (Asperulo-Fagetum)
9150 Mitteleuropäischer Orchideen-Kalk-Buchenwald (Cephalanthero-Fagion)
9160 Subatlantischer oder mitteleuropäischer Stieleichenwald oder Eichen-Hainbuchenwald (Carpinion betuli)
9170 Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald (Galio-Carpinetum)
* 9180 Schlucht- und Hangmischwälder (Tilio-Acerion)
* 91D0 Moorwälder
* 91E0 Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno padion, Alnion incanae, Salicion albae)

* = Prioritärer Lebensraumtyp

Arten (Anhang II):

Säugetiere

Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii)
Großes Mausohr (Myotis myotis)
Teichfledermaus (Myotis dasycneme)

Amphibien

Kamm-Molch (Triturus cristatus)

Fische und Rundmäuler

Bachneunauge (Lampetra planeri)
Groppe (Cottus gobio)

Käfer

Hirschkäfer (Lucanus cervus)

Schmetterlinge

Skabiosen-Scheckenfalter (Euphydryas aurinia)
* Spanische Flagge (Euplagia quadripunctaria)

Pflanzen

Frauenschuh (Cypripedium calceolus)
Grünes Besenmoos (Dicranum viride)

* = Prioritäre Art

Bewirtschaftungsplanung:

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Literatur:

AK Fledermausschutz Rheinland-Pfalz (1994): Programm zur Umsetzung des Fledermausschutzes in Rheinland-Pfalz gemäß der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie. Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz, Oppenheim. Unveröff. Gutachten.

Bauer, H. J. (1994): Die Kalkeifel. Eine Landschaft hoher Schutzwürdigkeit. LÖLF-Mitteilungen 19/1. 68-71.

Eckel, G. (1988): Vergleichende ökologische Untersuchungen an Laufkäfern auf Kalkmagerrasen und landwirtschaftlichen Nutzflächen der Kalkeifel (Carabidae, Coleoptera). Landwirtschaftliche Fakultät, Universität Bonn. 267 pp.

Eckel, G. (1990):  Zum Auftreten der Carabiden auf unterschiedlichen Biotoptypen in der Kalkeifel. Bayerisches landwirtschaftliches Jahrbuch 67(7): 831-837.

Faltinat, R. (1990): Ökologische Untersuchungen der Staphyliniden- und Scarabaeidenfauna (Coleoptera, Staphylinidae/Scarabaeidae) auf Kalkmagerrasen und Wirtschaftsflächen der Kalkeifel. Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät, Universität Bonn. 4 Microfiches.

Fischer, H.; Graafen, R. (1974): Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 136/137 Cochem. Geographische Landesaufnahme 1:200.000. Naturräumliche Gliederung Deutschlands. 39 pp.

Fleuter, C.; Mickoleit, G. (1990): Die Tagfalter- und Widderchenfauna verschieden bewirtschafteter  Halbtrockenrasen in der Kalkeifel (Kreis Euskirchen, Nordrhein-Westfalen). Berichte der ANL 17:  179-186.

Haarmann, K.; Pretscher, P. (1981): Naturschutzgebiete in den Regierungsbezirken Koblenz und Trier sowie im Saarland. Rheinische Landschaften 20. 39 pp.

Jungbluth, J. H.; Fuchs, H.; Groh, K.; Högner, G.; Jacob, B.; Scholtes, M. (1995): Die Naturschutzgebiete in Rheinland-Pfalz V. Die Planungsregion Trier. Mainzer naturwiss. Archiv, Beih. 17. 299 pp. Abb.

LfUG; FÖA (1994): Planung Vernetzter Biotopsysteme. Bereich Landkreis Daun. Ministerium für Umwelt Rheinland-Pfalz, Mainz und Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht, Oppenheim (Hrsg.). 289 pp. Anhänge,  Karten.

Mauss, V; Schindler, M. (2002): Hummeln (Hymenoptera, Apidae, Bombus) auf Magerrasen (Mesobromion) der Kalkeifel: Diversität, Schutzwürdigkeit und Hinweise zur Biotoppflege. Natur und Landschaft 77(12): 485-492.

Meyer, W. (1994): Geologie der Eifel. Schweizerbart`sche Verlagsbuchhandlung. Stuttgart. 3. Aufl. 618 pp. Karten.

Müller, W. F. (1986): Floristisch - vegetationskundliche Untersuchungen an Pflanzengesellschaften des Caricion davallianae Klika 1934 in der nördlichen Kalkeifel. Tuexenia 6: 127-143.

Stand: 16.02.2016