6199 - Spanische Flagge (Euplagia quadripunctaria) | FFH-Arten in RLP

Steckbrief zur Art 6199 der FFH-Richtlinie

Spanische Flagge (Euplagia quadripunctaria)

Gruppe:

Schmetterlinge

Merkmale:

Die Spanische Flagge ist ein auch tagsüber aktiver Nachtfalter aus der Familie der Bärenspinner. Das Weibchen ist mit einer Flügelspannweite von 4,5 bis 6 Zentimetern minimal größer als das Männchen.

Auffallend ist die Färbung dieser Falterart. Die dreieckigen Vorderflügel und der Oberkörper (Thorax) glänzen blau- bis grünschwarz metallisch. Mehr oder weniger breite weiße bis gelbliche Bänder bilden einen deutlichen Kontrast zur dunklen Grundfarbe. An den Flügelspitzen formen sie ein deutliches V, ein schmales Band säumt den Flügelinnenrand. Die Hinterflügel sind kräftig orangerot gefärbt mit drei großen dunklen Flecken. Der ebenfalls orangerote Hinterleib trägt eine schwarze Punktreihe auf dem Rücken.

Die Raupen werden etwa 5 Zentimeter lang. Sie sind von schwarzgrauer Farbe mit gelber Rückenlinie und weißen Flecken auf den Seiten. Am ganzen Körper befinden sich rötlich-braune Warzen mit kurzen, hellen Borsten.

Lebensraum:

Die Spanische Flagge bewohnt ganz unterschiedliche Lebensräume. In schattigen, feuchten und hochstaudenreichen Schluchten und an Ufern, in Randgebieten von Magerrasen, auf Lichtungen, an Außen- und Binnensäumen von Laubmischwäldern und in blütenreichen Gärten und Heckenlandschaften in Waldnähe ist sie ebenso zu finden wie an offenen trockenen, sonnigen Halden, in Weinbergsbrachen und in Steinbrüchen.

Struktur- und blütenreiche sonnige Lebensräume mit einem kleinräumigen Wechsel von schattigen Gebüschen, Staudenfluren, Säumen und Magerstandorten werden bevorzugt, da hier alle für die Larven und die Falter geeigneten und erforderlichen Lebensbereiche eng beieinander liegen.

In Rheinland-Pfalz konzentrieren sich die Vorkommen auf die Weinbaulandschaften beziehungsweise die Flusstäler, weil entlang dieser Täler der Mosaikcharakter von Habitatstrukturen meist besonders stark ausgeprägt ist.

Biologie und Ökologie:

Zu beobachten ist die Spanische Flagge während ihrer Flugzeit von etwa Mitte Juli bis September. Wenn im Hochsommer die Temperaturen steigen, wechseln die Tiere während der heißen Tageszeit ihren Aufenthaltsort. Sie fliegen zu schattigen, feuchten Stellen, um der Hitze und intensiver Sonnenbestrahlung zu entgehen.

Die Spanische Flagge fliegt über größere Räume hinweg. Sie bildet keine kleinen in sich geschlossenen und wenig mobilen, sondern große, offene Populationen aus. Die Spanische Flagge wird als vagabundierender Wanderfalter eingestuft, der kilometerlange Strecken zurücklegen kann und jährlich saisonale Wanderungen zur Übersommerung durchführt, um anschließend zur Fortpflanzung in die Ursprungsgebiete zurückzuwandern.

Ein Saugrüssel ermöglicht es dem Falter, Nektar von Blüten aufzunehmen. Die erwachsenen Tiere saugen an den unterschiedlichsten Blütenpflanzen und trinken Wasser an feuchten Plätzen. Bevorzugte Nahrungspflanze ist der Wasserdost (Eupatorium cannabinum), dessen Hauptblütezeit mit der Flugzeit der Falter zusammenfällt. An den trockeneren Standorten erfüllt der Gewöhnliche Dost (Origanum vulgare) diese Funktion.

In einer Vegetation, die sich durch ein luftfeuchtes Kleinklima auszeichnet, erfolgt die Eiablage in Form so genannter einschichtiger„Eispiegel“ unter die Blätter der Futterpflanze. Im September schlüpfen die nachtaktiven Raupen. Die Spanische Flagge überwintert in einem jungen Raupenstadium versteckt in der bodennahen Vegetation. Im Juni des darauf folgenden Jahres verpuppt sich die Raupe. Der Falter schlüpft nach 4 bis 6 Wochen.

Wie die Falter haben auch die Raupen ein breites Nahrungsspektrum (sie sind polyphag). Sie ernähren sich vor der Überwinterung von Kräutern und Stauden wie Kleiner Wiesenknopf (Sanguisorba minor), Klee (Trifolium spec.), Greiskraut (Senecio spec.), Brennessel (Urtica dioica) oder Huflattich (Tussilago farfara), nach der Überwinterung auch von Gehölzen wie Brombeere (Rubus fruticosus), Himbeere (Rubus idaeus), Hasel (Corylus avellana) oder Sal-Weide (Salix caprea).

Verbreitung in Rheinland-Pfalz:

Im größten Teil Europas ist die Spanische Flagge weit verbreitet, sie fehlt nur im Norden. In Rheinland-Pfalz ist sie eine Charakterart der Fluss- und Bachtäler. Besonders individuenreiche Vorkommen dieser Art existieren in den Tälern von Saar, Nahe, Lahn, Mittelrhein und Mosel und am Oberrhein.

Gefährdungen:

Die Spanische Flagge ist gerade in den Weinbaulandschaften der alten Bundesländer noch keine Seltenheit und zeigt vielerorts eine positive Bestandsentwicklung. Außerhalb dieser klimatisch begünstigten Gebiete gibt es jedoch auch Vorkommen, die lokal oder regional durch die direkte Zerstörung ihrer Lebensräume gefährdet sind. Da die erforderlichen Lebensraumtypen immer seltener werden, wurde die Spanische Flagge in die deutsche Vorwarnliste aufgenommen.

Bestandsgefährdend sind Hangsicherungsmaßnahmen in Form von wandartig konstruierten Geröllfängen an Straßenböschungen. Diese können beispielsweise in Flusstälern zu einem Kaltluftstau führen, wodurch die Täler ihre Lebensraumfunktion für die Spanische Flagge verlieren. Lebensraumverluste und für die Art ungünstige kleinklimatische Veränderungen können sich auch durch Aufforstungen und Verbuschungen sowie durch die Rodung von Hecken und großflächige Mahd von Wegrändern und Säumen ergeben. Entwässerungsmaßnahmen und Zerstörung der Ufervegetation an Gewässern, Verfüllung von Steinbrüchen, Intensivierung der Weinbergsbewirtschaftung und Biozideinsatz sind weitere Gefährdungsursachen.

Schutzmaßnahmen:

Da die Spanische Flagge vielerorts in stabilen Populationen vorkommt und als Wanderfalter und Biotopwechsler weit auseinander liegende und vollkommen unterschiedliche Lebensräume benötigt, lassen sich nur allgemeine Maßnahmen zur Sicherung ihres Lebensraums empfehlen. Dies sind der Erhalt besonnter, felsiger Böschungen an Hangfüßen, Wegen oder Flusstälern, Teilentbuschungen, die Pflege und Vernetzung von Saumbiotopen und Hecken als besiedelbare Geländestrukturen, ein hochsommerlicher Mahdverzicht von an Wasserdost reichen Hochstaudenfluren, ein Verzicht auf Aufforstung in bekannten Lebensräumen sowie eine Sicherstellung intakter Grundwasserverhältnisse und Quellbereiche. Der Mosaikcharakter von Tälern sollte durch Diversität in der Bewirtschaftung gefördert werden.

Literatur:

Bolz, R. (2001): Spanische Flagge (Euplagia quadripunctaria). In: Fartmann, T.; Gunnemann, H.; Salm, P.; Schröder, E.: Berichtspflichten in Natura 2000-Gebieten. Angewandte Landschaftsökologie 42: 374-379.

Ebert, G. (Hrsg.) (1997): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 5, Nachtfalter III. Ulmer. Stuttgart. 575 pp.

Hensle, J. (2010): Arctiidae 2009. Atalanta: Zeitschrift der Deutschen Forschungszentrale für Schmetterlingswanderungen 41(1/2): 164-165.
 
Hensle, J. (2011): Arctiidae 2010. Atalanta: Zeitschrift der Deutschen Forschungszentrale für Schmetterlingswanderungen 42(1-4): 83.

Hensle, J. (2012): Arctiidae 2011. Atalanta: Zeitschrift der Deutschen Forschungszentrale für Schmetterlingswanderungen 43(1/2): 63.
 
Landesamt für Umwelt und Geologie Sachsen (Hrsg.) (2007): Spanische Flagge (Euplagia quadripunctaria). Arten der Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie. Faltblatt.

Müller-Kroehling, S. (2005): Die Spanische Flagge. Zweifelhafte Priorität. AFZ / Der Wald 60(18): 989.
 
Petersen, B.; Ellwanger, G.; Biewald, G.; Hauke, U.; Ludwig, G.; Pretscher, P.; Schröder, E.; Ssymank, A. (Bearb.) (2003): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Bd.1: Pflanzen und Wirbellose. Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 69/1. Bundesamt für Naturschutz, Bonn (Hrsg.): 480-486.

Pretscher, P. (2000): Gefährdung, Verbreitung und Schutz der Bärenspinnenart "Spanische Fahne" (Euplagia quadripunctaria PODA) in Deutschland. Natur und Landschaft 75(9/10): 370-377.

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Weidemann, H. J.; Köhler, J. (1996): Nachtfalter: Spinner und Schwärmer. Naturbuchverlag Augsburg. 512 pp.

Stand: 30.10.2014