9160 - Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder (Stellario-Carpinetum) | Lebensraumtypen in RLP

9160 - Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder (Stellario-Carpinetum)

Beschreibung:

Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder beeindrucken im Frühjahr durch dichte bunte Blütenteppiche. Diese Wälder gedeihen primär auf wechselfeuchten oder durch Stau- oder Grundwasser zeitweilig vernässten Standorten, an denen die Rotbuche keine geeigneten Entwicklungsbedingungen vorfindet, also überwiegend in Talsenken und höher gelegenen Auenbereichen.

Sekundär sind solche Wälder vielfach durch historische Waldbewirtschaftungsformen aus feuchten Buchenwäldern entstanden. Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder wurden früher häufig Jahrhunderte lang als Mittelwälder bewirtschaftet. Dabei ließ man die Eichen als Bauholz alt werden, die anderen Baumarten wurden im Turnus von 15 bis 40 Jahren als Brennholz genutzt. Dadurch entstanden die auch heute noch lichten Waldbilder.

Bedeutung:

Die Oberrheinebene ist das Zentrum des Vorkommens der Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder in Süddeutschland. Dieser Waldtyp kommt hier in den verschiedenen Standortvarianten vor. Die naturnahen lichten Mittelwälder zählen zu den Waldtypen mit dem größten Artenreichtum. Sie sind bevorzugter Lebensraum vieler bedrohter und hoch spezialisierter Tierarten. Heldbock und Hirschkäfer beispielsweise finden geeignete Lebensbedingungen nur in Waldbeständen mit alten Eichen vor.

Vegetation:

Stellario-Carpinetum (Sternmieren-Eichen-Hainbuchen-Wald)

Typische Pflanzenarten:

Hainbuche (Carpinus betulus)
Stieleiche (Quercus robur)
Winterlinde (Tilia cordata
Feldahorn (Acer campestre)
Vogelkirsche (Prunus avium
Hasel (Corylus avellana)
Zweigriffliger Weißdorn (Crataegus laevigata)
Gewöhnliches Pfaffenhütchen (Euonymus europaeus)
Gewöhnlicher Schneeball (Viburnum opulus)
Wald-Segge (Carex sylvatica
Zittergras-Segge (Carex brizoides)
Groß-Sternmiere (Stellaria holostea)
Buschwindröschen (Anemone nemorosa)
Bär-Lauch (Allium ursinum
Erdbeer-Fingerkraut (Potentilla sterilis)
Hohe Schlüsselblume (Primula elatior
Goldnessel (Lamium galeobdolon
Wald-Ziest (Stachys sylvatica
Gold-Hahnenfuß (Ranunculus auricomus
Einbeere (Paris quadrifolia)

Bild 1

Buschwindröschen 

Bild 2

Bärlauch 

Bild 3

Gewöhnliches Pfaffenhütchen 

Bild 4

Hohe Schlüsselblume 

Bild 5

Weißdorn 

Typische Tierarten:

Vögel
Mittelspecht (Dedrocopos medius) ->
Schwarzstorch (Ciconia nigra) ->
Kleiber (Sitta europaea)
Waldlaubsänger (Phylloscopus sibilartrix)
Sumpfmeise (Parus palustris)
Pirol (Oriolus oriolus)

Schmetterlinge
Eschen-Scheckenfalter (Euphydryas maturna)
Blauer Eichen-Zipfelfalter (Neozephyrus quercus)

Käfer
Heldbock (Cerambyx cerdo) ->
Hirschkäfer (Lucanus cervus) ->
Laufkäfer Molops elatus, M. piceus, Abax ovalis, Pterostichus cristatus

Hautflügler
Biene (Andrena nitida)
Biene (Anthophora furcata)

Bild 1

Heldbock 

Bild 2

Hirschkäfer 

Bild 3

Kleiber 

Bild 4

Mittelspecht 

Bild 5

Schwarzstorch 

Bild 6

Sumpfmeise 

Verbreitung:

Großflächige Bestände des Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwalds sind in Rheinland-Pfalz auf die Oberrheinebene beschränkt. Weitere Verbreitungsschwerpunkte liegen in Westerwald und Hunsrück. Die übrigen Bestände sind auf die verbleibenden Naturräume verteilt.

Literatur:

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Hermann, G. (1998): Zum Eiablagehabitat des Blauen Eichen-Zipfelfalters (Neozephyrus quercus Linnaeus, 1758) mit Anmerkungen zu Verbreitung und Rote-Liste-Status in Baden-Württemberg (Lepidoptera: Lycaenidae). Mitteilungen Entomologischer Verein Stuttgart 33: 9-10.

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Oberdorfer, E. (1992): Süddeutsche Pflanzengesellschaften IV. Gustav Fischer Verlag. Textband 282 pp. Tabellenband 580 pp.

Philippi, G. (1995): Hainbuchen-Wälder feuchter Standorte im mittleren Oberrheingebiet. Carolinea 53: 165-174.

Pospischil, R. (1981): Die Entwicklung der Käferfauna des Naturschutzgebietes "Im Hölken" von 1958 bis 1977 und die Bedeutung einiger Käferarten als Bioindikatoren. Jber. naturwiss. Ver. Wuppertal 34: 78-91.

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Stand: 18.07.2013