91f0 - Hartholzauenwälder | Lebensraumtypen in RLP

91f0 - Hartholzauenwälder

Beschreibung:

Entlang der großen Flüsse mit natürlicher Überflutungsdynamik gehen die Weichholzauenwälder an den höher gelegenen Standorten in Hartholzauenwälder über. Hartholzauenwälder werden meist im Winter überflutet, wobei die Überflutung einige Tage bis Wochen andauern kann. Höher gelegene Bereiche werden nicht alljährlich vom Hochwasser erreicht, tief gelegene allerdings auch häufiger.

Naturnahe Hartholzauenwälder sind sehr komplexe Lebensräume, in denen nicht nur die verschiedenen Vegetationsschichten eng ineinandergreifen, sondern auch mit Tümpeln, sogenannten „Brennen“ (Trockenstandorten aus angeschwemmten Schottern), Röhrichten und den anderen Vegetationsformationen der Flussaue mosaikartig verzahnt sind. Überflutungen und Auflandungen tragen zum Strukturreichtum bei.

Die Auenlehmböden sind produktiv und meist stickstoffreich. Dominierende Baumarten sind in Abhängigkeit vom Wasserregime Esche und Eiche. Ulmen kommen nur noch in wenigen Exemplaren vor. Kraut- und Strauchschicht sind meist gut ausgebildet und außerordentlich reich an Arten. In der hoch gelegenen Hartholzaue wachsen sogar „Frühjahrs“-Geophyten. Auffällig ist auch der Reichtum an Lianen, beispielsweise aus der Waldrebe (Clematis vitalba).

Bedeutung:

Hartholzauenwälder sind die artenreichsten Wälder unserer Breiten. Besondere Bedeutung haben sie als Lebensraum zahlreicher Vogelarten, welche in den vielen Nischen, die dieser strukturreiche Wald zu bieten hat, in einer höheren Dichte brüten als in jedem anderen Lebensraum.

Vegetation:

Querco-Ulmetum (Stieleichen-Feldulmen-Flussauenwald) 
Stellario-Carpinetum (Sternmieren-Stieleichen-Hainbuchenwald)

Typische Pflanzenarten:

Stieleiche (Quercus robur)
Esche (Fraxinus excelsior
Flatterulme (Ulmus laevis
Feldulme (Ulmus minor)
Schwarz-Pappel (Populus nigra
Traubenkirsche (Prunus padus
Hainbuche (Carpinus betulus
Vogelkirsche (Prunus avium
Roter Hartriegel (Cornus sanguinea)
Gewöhnlicher Schneeball (Viburnum opulus)
Gewöhnliches Pfaffenhütchen (Euonymus europaeus)
Hopfen (Humulus lupulus)
Scharbockskraut (Ranunculus ficaria)
Wald-Segge (Carex sylvatica
Gewöhnliche Waldrebe (Clematis vitalba)
Schmerwurz (Tamus communis
Efeu (Hedera helix)

Bild 1

Gewöhnliches Pfaffenhütchen 

Bild 2

Schwarz-Pappel 

Bild 3

Waldrebe 

Typische Tierarten:

Vögel
Feldsperling (Passer montanus)
Grauschnäpper (Muscicapa striata)
Kleinspecht (Dendrocopos minor)
Pirol (Oriolus oriolus)
Mittelspecht (Dendrocopos medius) ->
Nachtigall (Luscinia megarhynchos)
Schwarzmilan (Milvus migrans) ->

Schmetterlinge
Großer Eisvogel (Limenitis populi)
Blauer Eichen-Zipfelfalter (Neozephyrus quercus)
Ulmen-Zipfelfalter (Satyrium w-album)
Rotbraune Ulmeneule (Cosmia affinis)

Käfer
Pappel-Prachtkäfer (Agrilus ater)
Heldbock (Cerambyx cerdo) ->

Bild 1

Grauschnäpper 

Bild 2

Heldbock 

Bild 3

Mittelspecht 

Bild 4

Nachtigall 

Bild 5

Schwarzmilan 

Verbreitung:

Reste von Hartholzauenwald finden sich überwiegend in der nördlichen Oberrheinniederung, die am besten ausgeprägten und größten Bestände in den Auen südlich von Ludwigshafen.

Literatur:

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Stand: 22.07.2013