6716-301 - Rheinniederung Germersheim-Speyer | Fauna-Flora-Habitat-Gebiete in RLP

Steckbrief zum FFH-Gebiet

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Größe[ha]:

2.072

Landkreise und kreisfreie Städte:

Germersheim, Rhein-Pfalz-Kreis, Speyer

Verbandsgemeinden und verbandsfreie Gemeinden:

Germersheim, Lingenfeld, Römerberg

Gebietsbeschreibung:

In der dicht besiedelten und gewerblich genutzten Rheinniederung zwischen Germersheim und Speyer ist eine flussnahe biotop- und strukturreiche Auenlandschaft von großer Artenvielfalt erhalten geblieben. Diese bildet eine funktionale Einheit mit den nördlich und südlich angrenzenden Auenbiotopen der "Rheinniederung Speyer-Ludwigshafen" und der "Hördter Rheinaue". Die Flussaue mit ihren naturnahen Altrheinarmen und Verlandungszonen, Abgrabungsgewässern, Nass- und Feuchtwiesen, Röhrichten und großen Wäldern ist ein beliebtes Naherholungsziel. Wegen ihrer abwechslungsreichen Lebensräume gehören die Rheinauen floristisch und faunistisch zu den artenreichsten Ökosystemen Mitteleuropas.

Weichholz- und Hartholz-Flussauenwälder zählen zu den seltensten Waldformationen in Rheinland-Pfalz, vor allem in so großflächiger Ausbildung wie hier im Gebiet. Die meisten Wälder der Auenstandorte am Oberrhein wurden in Bestände von Hybridpappeln und Bergahorn überführt. Am Lingenfelder Altrhein kommt Weichholzaue noch großflächig vor und auch an den Ufern des Berghäuser Altrheins. Alte Silberweidenbestände neben Auenwiesen und verschiedenen auentypischen Verlandungsgesellschaften prägen das Naturschutzgebiet Schafwiesen im direkten Einflussbereich des Rheins.

Stieleichen-Ulmen-Hartholzaue kennzeichnet den Schwarzwald bei Mechtersheim und das Naturschutzgebiet Flotzgrün. Die Hartholzauenwälder des Speyerer Raums sind Lebensraum des bundesweit gefährdeten Kleinen Ulmen-Prachtkäfers (Anthaxia manca). Althölzer sind wichtige Lebensräume für Totholzkäfer und Fledermäuse.

Typisch für den Schwarzwald sind die zahlreichen Weiher und Kleingewässer, die hier inmitten der naturnahen Auenwälder liegen. Durch das reaktivierte Schlutensystem (teils mit Wasser gefüllte Gräben oder Vertiefungen) strömt das Wasser bereits bei schwachem Hochstand in den Wald. Das Spektrum der Stillgewässer und ihrer verschiedenen Verlandungszonen reicht vom See über Flachwasserzonen bis zum Wasserwechselbereich. Es bietet somit der Tier- und Pflanzenwelt des nassen bis feuchten Milieus ein umfassendes Lebensraumangebot. Ein Bewohner unter den hochspezialisierten Tierarten der Tümpel und Schluten ist der Blattfußkrebs Branchipus schaefferi, der im Gebiet eines von zwei bekannten Vorkommen in Deutschland hat. An der Grenze zum Lingenfelder Altrhein finden sich feuchte Wiesen aber auch Trockenstandorte mit Magerrasen.
 
Verbreitet sind Reste von Stromtalwiesen warmer Tieflagen auf wechselfeuchten bis wechselnassen Standorten, vor allem auf der Insel Flotzgrün und am Berghäuser Altrhein. Die bundesweit auf die Südliche Oberrheinebene beschränkte Lauchschrecke (Mecostethus parapleurus) gilt als Charakterart der Stromtalwiesen und bildet am Berghäuser Altrhein eine sehr große Population. Die wechselfeuchten Magerwiesen sind Lebensraum der Tagfalterarten Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous) und Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea teleius).

Das zwischen Germersheim und Speyer besonders deutlich ausgeprägte Hochufer des Oberrheines ist für die süddeutschen Flusslandschaften einzigartig. Hier entwickelten sich Biotoptypen trockenwarmer Standorte in unmittelbarer Nachbarschaft zur Aue. Auf dem Damm am Berghäuser Altrhein kommen sehr seltene und gefährdete Wildbienenarten vor, außerdem verschiedene Heuschreckenarten in teilweise hohen Populationsdichten.

Die großen Rhein-Altarme stehen noch mit dem Fluss in Verbindung. Sie sind wie auch die durch Rohstoffabbau entstandenen Mechtersheimer Tongruben bedeutende Rast- und Überwinterungsplätze für viele Limikolen und Wasservögel. Wegen ihrer Bedeutung für die Vogelwelt sind diese Gewässer auch als Vogelschutzgebiet "Berghausener und Lingenfelder Altrhein mit Insel Flotzgrün" (6716-402) nach der EU-Vogelschutzrichtlinie gemeldet. Die Gewässer im Gebiet sind außerdem Lebensraum einer artenreichen Libellenfauna. Die in den Mechtersheimer Tongruben bodenständige Helm-Azurjungfer (Coenagrion mercuriale) ist landesweit vom Aussterben bedroht. Die Südliche Mosaikjungfer (Aeshna affinis) ist zeitweise am Lingenfelder Altrheim anzutreffen.

Am Berghäuser und Lingenfelder Altrhein sind ausgedehnte Schlammfluren erhalten geblieben. Diese kommen fast ausschließlich auf meist überfluteten und erst im Spätsommer trockenfallenden, fast ebenen Flächen vor. In den teilweise breiten Röhrichtgürteln brüten Purpurreiher und Rohrweihe. Reproduktionsnachweise im Gebiet liegen außerdem unter anderem für Graureiher, Eisvogel, Drossel- und Schilfrohrsänger, Beutelmeise, Laubfrosch, Moorfrosch, Knoblauchkröte, Kamm-Molch, Kurzflüglige Schwertschrecke (Conocephalus dorsalis) und Westliche Dornschrecke (Tetrix ceperoi) vor.

Der mäßig belastete Rhein ist Lebensraum der Wanderfischarten Maifisch, Fluss- und Meerneunauge und Lachs.

Lebensraumtypen (Anhang I):

3150 Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions oder Hydrocharitions
3260 Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranunculion fluitantis und des Callitricho-Batrachion
3270 Flüsse mit Schlammbänken mit Vegetation des Chenopodion rubri p.p. und des Bidention p.p.
* 6210 Naturnahe Kalk-Trockenrasen und deren Verbuschungsstadien (Festuco-Brometalia), (* besondere Bestände mit bemerkenswerten Orchideen)
6410 Pfeifengraswiesen auf kalkreichem Boden, torfigen und tonig-schluffigen Böden (Molinion caeruleae)
6430 Feuchte Hochstaudenfluren der planaren und montanen bis alpinen Stufe
6440 Brenndolden-Auenwiesen (Cnidion dubii)
6510 Magere Flachland-Mähwiesen (Alopecurus pratensis, Sanguisorba officinalis)
9160 Subatlantischer oder mitteleuropäischer Stieleichenwald oder Eichen-Hainbuchenwald (Carpinion betuli)
* 91E0 Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno padion, Alnion incanae, Salicion albae)
91F0 Hartholz-Auenwälder mit Quercus robur, Ulmus laevis, Ulmus minor, Fraxinus excelsior oder Fraxinus angustifolia (Ulmenion minoris)

* = Prioritärer Lebensraumtyp

Arten (Anhang II):

Säugetiere

Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii)

Amphibien

Kamm-Molch (Triturus cristatus)

Fische und Rundmäuler

Flussneunauge (Lampetra fluviatilis)
Lachs (Salmo salar)
Maifisch (Alosa alosa)
Meerneunauge (Petromyzon marinus)
Steinbeißer (Cobitis taenia)

Käfer

Hirschkäfer (Lucanus cervus)

Schmetterlinge

Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea teleius)
Großer Feuerfalter (Lycaena dispar)
Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous)
* Spanische Flagge (Euplagia quadripunctaria)

* = Prioritäre Art

Bewirtschaftungsplanung:

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Literatur:

Bosselmann, J. (2001): Jahresbericht Käfer - Coleoptera. Pflanzen und Tiere in Rheinland-Pfalz 11: 199-200.

Brechtel, F. (1987): Zur Bedeutung der Rheindämme für den Arten- und Biotopschutz, insbesondere als Bestandteil eines vernetzten Biotopsystems, am Beispiel der Stechimmen (Hymenoptera aculeata) und Orchideen (Orchidaceae) - unter Berücksichtigung der Pflegesituation. Natur und Landschaft 62(11): 459-464.

Dannapfel, K.-H.; Schätzle, F. (1988): Erfassung wertvoller und schutzwürdiger Gebiete in den Rheinauen des Regierungsbezirkes Rheinhessen-Pfalz. Gutachten im Auftrag der Bezirksregierung Rheinhessen-Pfalz. 2 Bde.

Glass, B. (1986): Die Entwicklung der Vogelbestände des Landschafts- und Naturschutzgebietes "Berghäuser Rheinaue" bei Speyer in den Jahren zwischen 1957 und 1983. Mitteilungen der Pollichia 73: 265-288.
   
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Glass, B. (1992):Veränderungen der Wasservegetation (Lemnetea und Potamogetonetea) im Bereich des "Berghäuser Altrheins" bei Speyer in den Jahren zwischen 1957 und 1989. Fauna und Flora in Rheinland-Pfalz 6(4): 981-1033.
  

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Jungbluth, J. H.; Niehuis, M.; Simon, L. (1987): Die Naturschutzgebiete in Rheinland-Pfalz. II. Die Planungsregion Rheinpfalz und III. Die Planungsregion Westpfalz. Mainzer Naturw. Archiv. Beih. 8. 323 pp.

Kreisverwaltung Ludwigshafen (Hrsg.) (1994): Naturschutzgebiete im Landkreis Ludwigshafen. 72 pp.

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LfUG; ALAND (1996): Planung vernetzter Biotopsysteme. Bereich Landkreis Ludwigshafen. Ministerium für Umwelt Rheinland-Pfalz, Mainz und Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht, Oppenheim (Hrsg.). 224 pp., Anhänge, Karten.

LfUG; ALAND (1997): Planung vernetzter Biotopsysteme. Bereich Landkreis Germersheim. Ministerium für Umwelt Rheinland-Pfalz, Mainz und Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht, Oppenheim (Hrsg.). 234 pp., Anhänge, Karten.

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Werbeck, M.; Sattel, H. (1983): Errichtung und Sicherung schutzwürdiger Teile von Natur und Landschaft mit gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung. Beispiel: Naturschutzgebiet "Mechtersheimer Tongruben", Landkreis Ludwigshafen am Rhein. Natur und Landschaft 58(7/8): 301-304.

Stand: 11.03.2016