6306-301 - Ruwer und Seitentäler | Fauna-Flora-Habitat-Gebiete in RLP

Steckbrief zum FFH-Gebiet

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Größe[ha]:

4.331

Landkreise und kreisfreie Städte:

Trier, Trier-Saarburg

Verbandsgemeinden und verbandsfreie Gemeinden:

Kell am See, Ruwer

Gebietsbeschreibung:

Die Ruwer, ein rechtsseitiger Moselzufluss, bildet mit ihren Nebenbächen eines der größten Bachsysteme im Rheinischen Schiefergebirge.

Die gute Wasserqualität (Gewässergüte I-II), die Gewässerstruktur, die Vollständigkeit der typischen Lebensräume und der Artenzusammensetzung sowie die Großräumigkeit und Naturnähe machen das Fließgewässersystem der Ruwer bundesweit bedeutsam und repräsentativ für den Typus sommerkühler, schnellfließender Mittelgebirgs-Fließgewässer. Charakteristische Bewohner sind neben der Bachforelle die Groppe, das Bachneunauge, der Eisvogel und die Wasseramsel.

Die besondere geomorphologische Situation sowie reichliche Niederschläge bedingen die Entwicklung basenarmer und feuchter bis nasser Standorte. Die ausgeprägten Quellzonen tragen, soweit sie innerhalb geschlossener Wälder liegen, auch heute noch ein kleinflächig verzahntes Mosaik aus Sümpfen, Mooren, Bruchwäldern, Quellfluren und Quellbächen. Solche Bereiche werden im südwestlichen Hunsrück als "Brücher" bezeichnet. Die ausgedehnten Wälder sind Lebensraum der Wildkatze.

Im Ruwertal kommen sehr seltene Pflanzenarten wie Lochschlund (Anarrhinum bellidifolium) und Efeu-Moorglöckchen (Wahlenbergia hederacea) vor, die in Deutschland nur oder schwerpunktmäßig in der Region Trier wachsen, oder auch der Efeublättrige Hahnenfuß (Ranunculus hederaceus).

Bundesweit und landesweit bedeutsame Tierarten der teilweise großflächigen Nass- und Feuchtwiesen, darunter Braunkehlchen, Wiesenpieper, Bekassine, Randring-Perlmutterfalter (Boloria eunomia) und Baldrian-Scheckenfalter (Melitaea diamina) kommen in teilweise einmaligen Populationsgrößen vor. Dies gilt auch für die Arten der Borstgrasrasen, Zwergstrauchheiden und trockenen Magerwiesen, zum Beispiel Skabiosen-Scheckenfalter (Euphydryas aurinia) und Wegerich-Scheckenfalter (Melitaea cinxia).

Von der Quelle bis zur Keller Mulde fließt die Ruwer in einem Kerbtal, im Bereich der Keller Mulde öffnet sich dann ein breites Muldental. Die Wiesen und Weiden werden dort überwiegend extensiv genutzt oder sind brachgefallen. Die Keller Mulde ist wegen der ausgedehnten, offenen Feuchtgebietsflächen von besonderer Bedeutung für Vögel und Tagfalter. Großflächige Grünlandbiotope finden sich auch in der Greimerather Mulde.

Im mittleren Ruwertal von Mandern bis Pluwig tieft sich die Ruwer zunehmend in die umgebenden Höhen ein und bildet ein Kastental. Der Talboden wird mäßig intensiv als Grünland genutzt, an schmalen Stellen reichen Waldbestände mit hohen Anteilen an Niederwald bis an die Ruwer heran. Auch heute noch wird an den Hängen Niederwaldwirtschaft betrieben. Die Gewässerstruktur wird von in das Bachbett ragenden Felsblöcken und bachbegleitenden Galeriewäldern bestimmt. Eine Besonderheit des mittleren Ruwertals ist das Massenvorkommen der Gelben Narzisse (Narcissus pseudonarcissus) in den lichten Niederwäldern und im extensiv genutzten Grünland.

Der "Sommerauer Talkessel" oberhalb von Waldrach bildet eine Wärmeinsel und bietet somit besonders wärmeliebenden Pflanzen und Tierarten Lebensraum.

Der untere Talabschnitt ist vom Weinbauklima beziehungsweise Weinanbau geprägt. Unterhalb von Waldrach ist die östliche Talseite noch überwiegend mit Reben bestanden, während die westlichen Hänge Wald und auch Streuobstanlagen tragen.

Bereits ab 1720 wurde die Ruwer zum Abtransport des Hochwald-Holzes in die Mosel genutzt. Um einen ganzjährigen Schwemmbetrieb zu gewährleisten, wurden in diesem Zusammenhang zahlreiche Schwemmweiher wie der Siebenbornweiher südlich der Ortschaft Mandern angelegt. Diese haben sich teilweise zu bedeutenden Lebensräumen für Tier- und Pflanzenarten, die an saures Wasser angepasst sind, entwickelt. Sie sind regionale Populationszentren für einige Libellenarten, beispielsweise die Kleine Moosjungfer (Leucorrhinia dubia) und die Torf-Mosaikjungfer (Aeshna juncea).

In den Jahren 1993 bis 2004 wurde zum Erhalt und zur Entwicklung der Gewässer- und Auenlandschaft am Gewässersystem Ruwer mit großem Erfolg ein Naturschutzgroßprojekt durchgeführt.

Lebensraumtypen (Anhang I):

3150 Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions oder Hydrocharitions
3260 Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranunculion fluitantis und des Callitricho-Batrachion
* 6230 Artenreiche montane Borstgrasrasen (und submontan auf dem europäischen Festland) auf Silikatböden
6410 Pfeifengraswiesen auf kalkreichem Boden, torfigen und tonig-schluffigen Böden (Molinion caeruleae)
6430 Feuchte Hochstaudenfluren der planaren und montanen bis alpinen Stufe
6510 Magere Flachland-Mähwiesen (Alopecurus pratensis, Sanguisorba officinalis)
7140 Übergangs- und Schwingrasenmoore
8150 Kieselhaltige Schutthalden der Berglagen Mitteleuropas
8220 Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation
8230 Silikatfelsen mit ihrer Pioniervegetation (Sedo-Scleranthion, Sedo albi-Veronicion dillenii)
9110 Hainsimsen-Buchenwald (Luzulo-Fagetum)
9130 Waldmeister-Buchenwald (Asperulo-Fagetum)
9170 Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald (Galio-Carpinetum)
* 91D0 Moorwälder
* 91E0 Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno padion, Alnion incanae, Salicion albae)

* = Prioritärer Lebensraumtyp

Arten (Anhang II):

Säugetiere

Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii)
Großes Mausohr (Myotis myotis)

Fische und Rundmäuler

Bachneunauge (Lampetra planeri)
Groppe (Cottus gobio)

Käfer

Hirschkäfer (Lucanus cervus)

Schmetterlinge

Skabiosen-Scheckenfalter (Euphydryas aurinia)
* Spanische Flagge (Euplagia quadripunctaria)

Pflanzen

Prächtiger Dünnfarn (Trichomanes speciosum)

* = Prioritäre Art

Bewirtschaftungsplanung:

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Literatur:

Bielefeld, U.; Gillich, B. (1997): Pflege- und Entwicklungsplan "Gewässersystem Ruwer mit Nebenbächen". Im Auftrag des Landesamtes für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht, Oppenheim.

Haas, A. (1994): Errichtung und Sicherung schutzwürdiger Teile von Natur und Landschaft mit gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung, Projekt: Gewässersystem Ruwer, Rheinland-Pfalz. Natur und Landschaft 69 (7/8): 350-355.

Haeupler, H.; Schönfelder, P. (1989): Atlas der Farn- und Blütenpflanzen der Bundesrepublik Deutschland. Ulmer-Verlag, Stuttgart. 768 pp.

Holz, I. (1988): Zum Vorkommen des Efeublättrigen Moorglöckchens (Wahlenbergia hederacea) im Schwarzwälder Hochwald. Dendrocopos 15: 161-163.

LfUG; FÖA (1993): Planung Vernetzter Biotopsysteme. Bereich Landkreis Trier-Saarburg/Stadt Trier. Ministerium für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz, Mainz und Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz, Oppenheim (Hrsg.). 234 pp., Anhänge, Karten.

Reichert, H. (1975): Die Quellmoore (Brücher) des südwestlichen Hunsrücks. Beiträge zur Landespflege in Rheinland-Pfalz 3: 101-164.

Schäfer, A. (1989): Riveristal und ausgewählte Nebentäler. - Landschaftsökologische Untersuchung und Beschreibung. Im Auftrag der Kreisverwaltung Trier-Saarburg. 46 pp., Anhänge.

Schäfer, A.; Wey, H. (2001): Gewässerprojekt Ruwer und Nebenbäche. Kreisverwaltung Trier-Saarburg (Hrsg.). 25 pp.

Schorr, M. (2005): Beitrag zur Kenntnis der Tagfalter und Widderchen des südwestlichen Hunsrücks im Einzugsbereich von Ruwer und Löster (Insecta: Lepidoptera). Fauna und Flora in Rheinland-Pfalz 10(3):  991-1030.

Vogt, C.; Schäfer, A. (2002): Der Einfluss der Populationsdynamik von Makrozoobenthos auf die biologische Gewässerbewertung am Beispiel des Ruwer Einzugsgebietes. Tagungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Limnologie: 407-412.

Weishaar, M. (1998): Die Fledermausvorkommen in der Region Trier. Dendrocopos 25: 77-100.

Stand: 21.09.2017