5610-301 - Nettetal | Fauna-Flora-Habitat-Gebiete in RLP

Steckbrief zum FFH-Gebiet

5610-301 - Nettetal link-logo Karte

Größe[ha]:

1.170

Landkreise und kreisfreie Städte:

Ahrweiler, Mayen-Koblenz

Verbandsgemeinden und verbandsfreie Gemeinden:

Andernach, Brohltal, Maifeld, Mayen, Mendig, Pellenz, Vordereifel, Weißenthurm

Gebietsbeschreibung:

Die Nette ist ein naturnaher Mittelgebirgsbach mit äußerst vielfältigen Biotopen und Lebensgemeinschaften. In einer sonst überwiegend intensiv genutzten Agrarlandschaft (Maifeld, Pellenz) ist sie im Unterlauf als Vernetzungsachse daher äußerst bedeutsam. Feuchte Lebensräume der Gewässer und Bachauen sind mit solchen trockener Hänge eng verknüpft.

Die Nette entspringt in einer breiten Mulde in der Nähe der Ortschaft Hohenleimbach. In ihrem Verlauf zum Rhein bildet sie im unteren Abschnitt ein tief eingeschnittenes und zwischen den Orten Mayen und Plaidt windungsreiches Kerbtal mit steilen Felsflanken, das zur Mündung bei Weißenthurm hin in ein breites Kastental übergeht.

Der Oberlauf der Nette zeichnet sich auf weiten Strecken durch die typische Lebensgemeinschaft der Forellenregion aus mit Fischarten wie Bachforelle, Groppe und Bachneunauge. Sehr bedeutend ist die Fischartengemeinschaft im strukturreichen unverbauten Unterlauf. Seltene und anspruchsvolle Arten wie Meerforelle, Schneider, Fluss- und Bachneunauge kennzeichnen die naturnahen, vielfältig strukturierten Bachabschnitte der Äschen- und Barbenregion. Darüber hinaus ist die Nette das derzeit einzige bekannte Laichbiotop des Flussneunauges im deutschen Binnenland. Auch die Populationen von Eisvogel und Wasseramsel sowie im Bereich des NSG Nettetal der Blauflügel-Prachtlibelle (Calopteryx virgo) und der Zweigestreiften Quelljungfer (Cordulegaster boltonii) weisen auf saubere Gewässer von hohem Strukturreichtum hin. An Teichen mit Schwimmblattpflanzen in der Aue fliegt das Große Granatauge
(Erythromma najas).

Die Talhänge weisen eine hohe Vielfalt magerer und trockener Wald- und Offenlandbiotope auf. Je nach Standort dominieren Hainsimsen- oder Waldmeisterbuchenwälder. Stellenweise sind Trocken- und Gesteinshaldenwälder ausgebildet im Verbund mit trocken-warmen Fels- und Gesteinshaldenbiotopen, Trockengebüschen und Trockenrasen an den steilen Talabschnitten.

Die Wälder, die teilweise früher zur Gewinnung von Gerbrinde oder Brennholz als Niederwald genutzt wurden, sind wichtige Vernetzungsstrukturen bedeutender Teillebensräume des Haselhuhns in der Ost- und Ahreifel. Die felsigen Trockenhänge sind bedeutende Lebensräume für spezialisierte Tierarten wie Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens), Rotleibiger Grashüpfer (Omocestus haemorrhoidalis), Westliche Beißschrecke (Platycleis albopunctata) und Steppenheide-Würfel-Dickkopffalter (Pyrgus carthami) mit seinem hier aktuell nördlichsten Vorkommen. Floristisch bemerkenswert sind Arten kontinentaler Steppenrasen wie Grauscheidiges Federgras (Stipa pennata), die hier ebenfalls ihre nördliche Verbreitungsgrenze erreichen sowie das auf sandigen Böden wachsende, seltene Sand-Strohblümchen Helichrysum arenarium. Auch das im Bereich des Naturschutzgebietes auf Schieferfels vorkommende gefährdete mediterrane Laubmoos Bartramia stricta ist eine floristische Besonderheit.

Zwischen den Orten Hausen und Welling wurde in den Magerrasen-Biotopkomplexen das vollständige Spektrum biotoptypischer Schmetterlings- und Heuschreckenarten nachgewiesen. Hierzu gehören neben den bereits erwähnten Heuschreckenarten der Heidegrashüpfer (Stenobothrus lineatus), die Punktierte Zartschrecke (Leptophyes punctatissima) und die Falterarten Zwerg-Bläuling (Cupido minimus) und Geißklee-Bläuling (Plebeius argus).

Teile der Felsformationen und Gesteinshalden im Nettetal gehen auf den Abbau von Schiefer und Basalt zurück. Die durch Gesteinsabbau entstandenen Felsbiotope des Nettetals sind wie auch die Ruine Wernerseck südlich des Ortes Plaidt regelmäßiger Brutplatz des Uhus. Höhlen im Nettetal südlich von Hausen in ehemaligen Gesteinsabbaubereichen dienen als Winterquartiere für Fledermäuse.

Lebensraumtypen (Anhang I):

3150 Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions oder Hydrocharitions
3260 Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranunculion fluitantis und des Callitricho-Batrachion
4030 Trockene europäische Heiden
* 40A0 Subkontinentale peripannonische Gebüsche
5130 Formationen von Juniperus communis auf Kalkheiden und -rasen
* 6210 Naturnahe Kalk-Trockenrasen und deren Verbuschungsstadien (Festuco-Brometalia), (* besondere Bestände mit bemerkenswerten Orchideen)
6430 Feuchte Hochstaudenfluren der planaren und montanen bis alpinen Stufe
6510 Magere Flachland-Mähwiesen (Alopecurus pratensis, Sanguisorba officinalis)
8150 Kieselhaltige Schutthalden der Berglagen Mitteleuropas
8220 Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation
8230 Silikatfelsen mit ihrer Pioniervegetation (Sedo-Scleranthion, Sedo albi-Veronicion dillenii)
9110 Hainsimsen-Buchenwald (Luzulo-Fagetum)
9130 Waldmeister-Buchenwald (Asperulo-Fagetum)
9170 Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald (Galio-Carpinetum)
* 9180 Schlucht- und Hangmischwälder (Tilio-Acerion)
* 91E0 Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno padion, Alnion incanae, Salicion albae)

* = Prioritärer Lebensraumtyp

Arten (Anhang II):

Säugetiere

Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii)
Großes Mausohr (Myotis myotis)

Fische und Rundmäuler

Flussneunauge (Lampetra fluviatilis)
Groppe (Cottus gobio)

* = Prioritäre Art

Bewirtschaftungsplanung:

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Literatur:

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Kinkler, H.; Kwiatkowski, H.; Kwiatkowski, I.; Bosselmann, J. (1996): Die Tagschmetterlinge des
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Korneck, D. (1974): Xerothermvegetation in Rheinland-Pfalz und Nachbargebieten. Schriftenreihe für
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LfUG; FÖA (1993): Planung Vernetzter Biotopsysteme Rheinland-Pfalz. Bereich Landkreis Ahrweiler.
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LfUG; FÖA (1992): Planung Vernetzter Biotopsysteme. Bereich Landkreis Mayen-Koblenz/Stadt
Koblenz. Ministerium für Umwelt Rheinland-Pfalz, Mainz und Landesamt für Umweltschutz und
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Stand: 21.09.2017