Steckbrief zur Art A298 der Vogelschutz-Richtlinie
Drosselrohrsänger (Acrocephalus arundinaceus)
Status und Häufigkeit:
Anhang I | Gefährdeter Durchzügler | Rote Liste D (2015) | Rote Liste RLP (2014) | Erhaltungszustand |
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- | x | * | 1 | |
Status RLP | Bestand D | Bestand RLP | Bestandsentwicklung RLP | |
Regelmäßiger Brutvogel; verlässt das Brutgebiet im Winterhalbjahr; Durchzügler | 11.000 – 17.500 Brutpaare | 1 – 3 Brutpaare | stark abnehmend |
Kennzeichen:
Länge: 16 – 20 cm. Ein sehr großer Zweigsänger an Gewässerufern, erreicht mit 19 cm Singdrossellänge, ist aber schlanker. In Gesamtfärbung und Habitatansprüchen ähnlich dem häufigeren Teichrohrsänger A. scirpaceus, doch viel größer, der Überaugenstreif ist deutlicher und reicht weiter hinter das Auge, der Schnabel ist viel kräftiger, die bräunlich- oder rosagrauen Beine sind stärker. Auf kurze Entfernung sieht man die graue Gesichtstönung und die feine dunkle Strichelung auf der unteren Kehle und Vorderbrust. Bewegt sich im Vergleich zu den kleineren Arten ,träge' und klettert schwerfällig halmaufwärts, um seinen lauten Gesang im Rispenbereich des Schilfs vorzutragen. In Ufernähe aufgescheucht, fliegt er schwerfällig mit leicht gefächertem Schwanz auf. Dabei fällt der gelblichbraune Bürzel auf, der sich etwas von der warm olivbraunen Oberseite abhebt; flattert entweder niedrig in die nahe Deckung oder fliegt rasch über das Schilf und außer Sichtweite.
Jungvögel im 1. Jahr bis zum Herbst mit frischem Gefieder; oberseits mehr rostbraun, unterseits isabellfarbener als die matter, eher grau gefärbten Altvögel im deutlich abgetragenen Gefieder. Ruft unter anderem rau krächzend „kräg“, guttural „görrg“ und leise „chäk“. Gesang ist weittragende Folge hart knarrender, knirschender und quietschender Motive, jeweils mehrfach wiederholt. Erinnert an Teichrohrsänger, ist aber lauter und kräftiger. Kann mit „kärrä-kärrä-kärrä, kriet-kriet-kriet, gark-gark, siep-siep, kärrä-kärrä ...“ usw. umschrieben werden.
Lebensraum:
Röhrichte und andere ausgedehnte, hohe Ufervegetation, beispielsweise Schilf- und Rohrkolbenbestände; bevorzugt wie Teichrohrsänger Phragmites-Bestände, Nahrungssuche jedoch auch in benachbarten Büschen. Erscheint auf dem Zug gelegentlich im Gebüsch weitab von Gewässern.
Biologie und Ökologie:
Langstreckenzieher mit Hauptwinterquartieren in Afrika von der südlichen Sahelzone bis Angola und Nord-Namibia (ohne den Regenwaldgürtel) sowie bis Ost-Afrika und in den Norden Südafrikas. Winterfunde mitteleuropäischer Ringvögel ausschließlich aus dem tropischen Westafrika, Überquerung von Mittelmeer und Sahara wahrscheinlich nonstop. Die Ankunft in den Brutgebieten liegt bei der überwiegenden Mehrzahl der Brutvögel zwischen Ende April und Mitte (Ende) Mai, der Durchzug kann noch bis in den Juni anhalten. Die Drosselrohrsänger ziehen nach dem Jugenddispersal und dem Verlassen der Brutreviere ab Juli bis Ende August in südwestliche bis südöstliche Richtung ab. Der Hauptdurchzug liegt zwischen Ende Juli und Ende August, der Zugmedian liegt am 16.8.; Nachzügler sind auch im September und Oktober möglich. Der Drosselrohrsänger ist Spätbrüter mit Brutbeginn Anfang Mai und Abschluss der Brutperiode Ende August. Der Neststandort liegt fast ausschließlich in Schilfröhricht. In einzelnen Fällen werden die Nester auch in Rohrkolbenbestände (Typha), Rohrkolben-Schilfröhricht-Mischbestände und Weidengebüsch (Salix spec.) gebaut. Bevorzugt wird zur Nestanlage im Wasser stehendes Schilfröhricht. Die Mehrzahl der Nester wird hier im Randbereich des Wasserschilfs zur offenen Wasserfläche hin gebaut. Legebeginn: Die frühesten Eiablagen finden von der zweiten Maidekade an statt. Der früheste Termin ist der 12.5.; bereits um Mitte Mai steigt die Zahl der Legebeginne stark an. Die Legeaktivität hat um die Monatswende Mai/Juni ihren Höhepunkt. Die Legebeginne nehmen von Mitte Juni an stark ab und enden Anfang Juli. Die Gelegegröße liegt bei 2 – 6 Eiern, zumeist bei 4 – 5 Eiern. Die Brutdauer liegt bei 13 bis 15 Tagen, die Nestlingszeit bei 11 – 14 Tagen. Nach dem Ausfliegen werden die Jungvögel noch bis zum Alter von etwa 30 Tagen geführt. Es werden 1 – 2 Jahresbruten durchgeführt, wobei 2 Jahresbruten aber selten stattfinden. Die Nahrung umfasst ein breites Spektrum, vor allem Gliederfüßer, aber auch kleine Wirbeltiere. Artenzusammensetzung vielseitig und dem Angebot angepasst, aber Bevorzugung größerer, im Angebot meist seltener Beutetiere. Im Vergleich zum Teichrohrsänger mehr Spinnen, Schnecken, Libellen und Käfer. Die Fluchtdistanz liegt bei 10 bis 30 m.
Verbreitung in Rheinland-Pfalz:
Der Drosselrohrsänger ist in zwei bis drei Unterarten von Westeuropa und Nordafrika bis Sachalin und Nordjapan verbreitet, wobei die Nordgrenze zwischen 48° und 57° N verläuft und die Südgrenze vom Maghreb über Kreta bis Irak. In Mitteleuropa nach starken Rückgängen verbreitet, aber nur noch zerstreut in den Niederungen vorkommend. In Deutschland nur noch in den östlichen Bundesländern häufiger vorkommend, im Westen weitgehend verschwunden und nur noch in Schleswig-Holstein, Bayern, der Bodenseeregion und am Oberrhein in nennenswerter Zahl brütend.
Vorkommen in Vogelschutzgebieten:
Gefährdungen:
- Verlust von Lebensraum durch Umgestaltung, Auflichtung (Mahd/Entfernung von Altschilf), Wasserstandsabsenkung und andere Beeinträchtigungen des Schilfröhrichts. Dabei ist der Drosselrohrsänger noch stärker von der Verlandung des Schilfröhrichts sowie von der Fragmentierung und der Ausdünnung der Bestände und schließlich vom Verlust stabiler Schilfhalme betroffen als andere Rohrsängerarten. Beeinträchtigungen bestehen auch außerhalb der Brutgebiete;
- Habitatverschlechterungen und -verlust in den Überwinterungs- und Rastgebieten auf dem Zug, besonders durch Trockenlegung, durch Dürre in der Sahelzone sowie landwirtschaftliche Übernutzung;
- Störungen an den Brutplätzen durch Erholungsuchende und Wassersportler;
- Geringeres Angebot größerer Insekten zur Brutzeit durch Eutrophierung;
- Direkte Verfolgung (auf dem Zug);
- Natürliche Ursachen u. a. Überflutungen, Schneebruch, Windwurf im Röhricht zur Brutzzeit, auch „atlantisches“ Klima zur Brutzeit, hohe Prädationsrate.
Empfehlungen zum Schutz und zur Förderung der Art:
- Erhalt und Schutz der verbliebenen, geeigneten Feuchtgebiete;
- Wiedervernässung trockengelegter Gebiete und Aufstau trockener Schilfgebiete;
- Pflegemaßnahmen zur Erneuerung verlorener Schilfgebiete;
- Verbesserung der Gewässerqualität durch Reduktion des Eintrages von Düngern, Phosphaten;
- Besucherlenkung in den Brutgebieten;
- Verstärkung des Uferschutzes gegenüber erhöhter Wellenenergie.
Literatur:
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Bezzel, E. (1993): Kompendium der Vögel Mitteleuropas – Passeres. – Aula-Verlag, Wiesbaden.
Bezzel, E. (1995): BLV-Handbuch Vögel. – BLV, München.
Bosselmann, J. (1998): Die Vogelwelt in Rheinland-Pfalz – Singvögel. – Pflanzen und Tiere in Rheinland-Pfalz, Sonderheft IV. – Mayen.
Braun, M., Kunz, A. & L. Simon (1992): Rote Liste der in Rheinland-Pfalz gefährdeten Brutvogelarten (Stand 31.06.1992). – Fauna Flora Rheinland-Pfalz 6: 1065-1073.
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Flade, M. (1994): Die Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands – Grundlagen für den Gebrauch vogelkundlicher Daten in der Landschaftsplanung. – IHW, Eching.
Hagemeijer, W. J. M. & M. J. Blair (1997): The EBBC-Atlas of European breeding Birds – Their Distribution and Abundance. – Poyser, London.
Höllgärtner, M. (2004): Bericht zur Erfassung von Purpurreiher (Ardea purpurea), Zwergdommel (Ixobrychus minutus) und Drosselrohrsänger (Acrocephalus arundinaceus) in der Oberrheinebene von Rheinland-Pfalz 2002/2003. – Fauna Flora Rheinland-Pfalz, Beiheft 32: 265-274.
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