a277 - Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe) | VSG-Arten in RLP

Steckbrief zur Art A277 der Vogelschutz-Richtlinie

Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe)

Status und Häufigkeit:

Anhang I Gefährdeter Durchzügler Rote Liste D (2015) Rote Liste RLP (2014) Erhaltungszustand
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Status RLP Bestand D Bestand RLP Bestandsentwicklung RLP
Regelmäßiger Brutvogel; verlässt das Brutgebiet im Winterhalbjahr; Durchzügler 4.200 – 6.500 Brutpaare 150 – 200 Brutpaare stark abnehmend

Kennzeichen:

Länge 14,5 – 15,5 cm. Die am weitesten verbreitete Steinschmätzerart und einzige, die im nördlichen Teil unserer Region brütet. Im Flug fallen wie bei den meisten Arten der Gattung das kräftige Weiß von Bürzelfleck und Basis der Steuerfedern auf sowie die schwarze Schwanzendbinde und der schwarze Mittelstreif (beides in Form eines auf dem Kopf stehenden „T“). Dieses einmalige Muster, das sichtbar wird, sobald der Vogel davonfliegt, ist das „klassische“ Feldkennzeichen des Steinschmätzers (ebenso wie das der meisten anderen Oenanthe-Arten).Das Männchen ist der einzige Steinschmätzer mit bläulichgrauer Oberseite, von der sich die schwarzen Flügel und die schwarze „Maske“ (bei der Unterart N-Afrikas auch die schwarze Kehle) sowie die isabellweißliche Unterseite (an Kehle und Brust warm gelblich-isabellfarben) abheben. Im frischen Herbstgefieder ist das Schwarz der Flügel durch breite, warm isabellfarbene Federsäume verdeckt, die Unterseite ist dann fast orange-isabellfarben, das Bläulichgrau der Oberseite ist durch bräunliche Federsäume verdeckt (wirkt sehr weibchenähnlich). Weibchen im abgetragenen Gefieder (Frühjahr/Frühsommer) oberseits matt braun mit schwärzlichen Flügeln und isabellweißlicher Unterseite, jedoch mit dem gleichen auffälligen Bürzel- und Schwanzmuster wie Männchen; im frischen Herbstgefieder erscheinen die Weibchen viel farbenprächtiger, ähnlich Männchen im Herbst, die dunkle Flügelfärbung ist durch helle Federsäume verdeckt. Männchen im abgetragenen Gefieder im Frühjahr/Frühsommer sind kennzeichnend gefärbt, die übrigen Kleider sind aber mit mehreren anderen Steinschmätzerarten verwechselbar, besonders mit Isabell- und Mittelmeer-Steinschmätzer. Nordische Populationen (besonders grönländische Vögel) sind oft deutlich größer und leuchtender gefärbt und haben im Vergleich zu südlichen Populationen längere Beine; ferner sind gelegentlich auftretende helle Vögel im Herbst mit Isabellsteinschmätzern verwechselbar. Jungvögel oberseits gefleckt und unterseits mit dunklem Schuppenmuster. Vögel im 1. Winter sind nicht mehr von Altvögeln zu unterscheiden. Ruft meist hart „tack“ und scharf pfeifend „wiet“, das oft zu „wiet-tack-tack“ kombiniert wird. Reviergesang aus kurzen, hastig sprudelnden Strophen mit rauen und kratzenden Elementen, harten „tack“-Lauten und Pfeiftönen. Im Singflug anhaltender und abwechslungsreicher.

Lebensraum:

Tundra und Bergtundra, grasige Hochebenen mit Legsteinmauern und Geröll, Berghänge und gebietsweise Küstenklippen, Sanddünen und Inseln. Der Steinschmätzer ist als Bodenvogel an offenes, übersichtliches Gelände mit niedriger Vegetation und an Spalten, Nischen oder Steinhöhlen als Brutplätze gebunden. In der Kulturlandschaft nutzt er strukturreiche Weinberge mit gefrästem Boden und Trockenmauern, nistet aber auch in Erdaufschlüssen von Sand-, Kies- und Bimsgruben, gerne auf Truppenübungsplätzen. Auf dem Zug fast überall in offenem Gelände - von Kulturland über Moore und Heideflächen bis zu Küstengebieten sowie auf Golfplätzen und Flughäfen.

Biologie und Ökologie:

Sitzt gern auf Felsen und Mauern, weniger häufig auf Büschen (oder kleinen Bäumen), zuckt dabei mit Schwanz und Flügeln. Hüpft am Boden in kleinen schnellen Sprüngen, hält in aufrechter Haltung inne und wippt mit dem Schwanz (rennt kürzere Strecken, Schwanzwippen weniger betont als Isabellsteinschmätzer). Der Steinschmätzer ist Weitstreckenzieher (Transsaharazieher) und überwintert in Afrika südlich der Sahara. Die ersten Steinschmätzer treffen bei uns auf dem Durchzug und in den Brutgebieten Ende März und Anfang April ein. Der Einzug in die Brutgebiete findet aber vor allem ab Anfang bis Mitte/Ende April statt und erstreckt sich bis Mitte Mai. Die Nester werden in Höhlungen und Spalten vorwiegend von Felsen, Steinbrüchen, Kies- und Sandgruben, Steinmauern, Betonröhren und Steinhaufen angelegt. Die Steinhaufen können Lesesteinhaufen in Ackergebieten (Steinriegel), Schuttplätze, Ziegeleien, Baustellen und Trümmerfelder umfassen. Legebeginn: Ab Ende April/Anfang Mai. Hauptlegezeit ist die Spanne zwischen dem 6. und 25. Mai, in Rheinland-Pfalz liegt der Median am 4. Mai. Die Legephase reicht geschlossen bis in die letzte Juni-Dekade und in Ausnahmefällen bis Anfang Juli. Die Eizahlen liegen von 3 bis 6 Eiern. Brutdauer 12 13 Tage. Nestlingszeit in der Regel 13 15 (16) Tage. Nach dem Ausfliegen werden die Jungvögel noch bis zu 4 Wochen im Familienverband betreut, wobei die Familien bereits nach 2 3 Wochen das Brutrevier verlassen können. Es werden 1 2 Jahresbruten durchgeführt, in Rheinland-Pfalz bei ca. 30 % aller Paare Zweitbruten. Nahrung: Zumeist Insekten, selten Vegetabilien (Beeren im Herbst). Der Steinschmätzer ist recht scheu, seine Fluchtdistanz liegt bei 50 bis 100 m.

Verbreitung in Rheinland-Pfalz:

In Deutschland seltener Brutvogel, fehlt gebietsweise; auf dem Zug deutlich häufiger. In Rheinland-Pfalz besonders in den südlichen Landesteilen, besondere Schwerpunkte an den Weinbergshängen des Rheinhessischen Hügellandes und am Haardtrand. Auch im nördlichen Landesteil, z. B. im Mittelrheinbecken, gibt es noch einzelne Vorkommen. 4 Unterarten.

Gefährdungen:

  • Zerstörung des Lebensraumes, besonders von alten Weinbergsmauern;
  • Sukzession und Nutzungsaufgabe;
  • Erhöhter Erholungsdruck in den Brutgebieten;
  • Atlantische Klimaeinflüsse;
  • Gefahr für Alttiere und Nester durch den nachtaktiven Gartenschläfer.

Empfehlungen zum Schutz und zur Förderung der Art:

  • Erhaltung der weinbaulichen Nutzung;
  • Vermeidung von Störungen zur Brutzeit durch Freizeitbetrieb;
  • Nutzung des Vertragsnaturschutzes;
  • Erhaltung und Neuanlage sowie Freistellen von Trockenmauern, Gabionen und Lesesteinhaufen.

Literatur:

Bauer, H.-G. & P. Berthold (1996): Die Brutvögel Mitteleuropas – Bestand und Gefährdung. – Aula-Verlag, Wiesbaden.

Bauer, H.-G., Berthold, P., Boye, P., Knief, W., Südbeck, P. & K. Witt (2002):
Rote Liste der Brutvögel Deutschlands (3. überarb. Fassung, 8.5.2002). – Berichte zum Vogelschutz 39: 13-60, Nürnberg. 

Beaman, M. & S. Madge (1998):
Handbuch der Vogelbestimmung: Europa und Westpalaearktis. – Ulmer Verlag, Stuttgart. 

Bezzel, E. (1993):
Kompendium der Vögel Mitteleuropas – Passeres. – Aula-Verlag, Wies­baden.

Bezzel, E. (1995):
BLV-Handbuch Vögel. – BLV, München.

Braun, M., Kunz, A. & L. Simon (
im Druck): Rote Liste der Vögel in Rheinland-Pfalz. 

Buchmann, M. (2001):
Die Brutbiologie des Steinschmätzers (Oenanthe oenanthe) auf intensiv genutzten Flächen in Rheinland-Pfalz . – Die Vogelwarte 41: 1-17.

Flade, M. (1994):
Die Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands – Grundlagen für den Gebrauch vogelkundlicher Daten in der Landschaftsplanung. – IHW, Eching.

Hölzinger, J. (1997): Die Vögel Baden-Württembergs, Singvögel 2. – Ulmer Verlag, Stuttgart.

Kunz, A. & C. Dietzen (2002):
Die Vögel in Rheinland-Pfalz – eine aktuelle Artenliste (Stand 01.12.2002). – Fauna Flora Rheinland-Pfalz, Beiheft 28: 207-221, Landau. 

Kunz, A. & L. Simon (1987): Die Vögel in Rheinland-Pfalz – Eine Übersicht. – Naturschutz und Ornithologie in Rheinland-Pfalz 4, 3: 353-657, Landau. 

Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland (2002):
Artensteckbriefe zu den Zielarten der Vogelschutzrichtlinie. – Frankfurt/M.

Stand: 17.02.2016