a257 - Wiesenpieper (Anthus pratensis) | VSG-Arten in RLP

Steckbrief zur Art A257 der Vogelschutz-Richtlinie

Wiesenpieper (Anthus pratensis)

Status und Häufigkeit:

Anhang I Gefährdeter Durchzügler Rote Liste D (2015) Rote Liste RLP (2014) Erhaltungszustand
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Status RLP Bestand D Bestand RLP Bestandsentwicklung RLP
Regelmäßiger Brutvogel; z.T. Jahresvogel, Durchzügler 40.000 – 64.000 Brutpaare 50 – 120 Brutpaare stark abnehmend

Kennzeichen:

Länge 14,5 cm. Weitverbreiteter, kleiner und kräftig gestreifter Pieper ohne Überaugenstreif; Beine rosafarben, Hinterkralle lang. Leicht von allen anderen Piepern außer Strandpieper A. petrosus und Bergpieper A. spinoletta am Ruf zu unterscheiden. Gesamtfärbung variiert von oberseits graubraun und unterseits matt grauweiß bis zu oberseits warm isabellolivbraun und unterseits gelblichisabellfarben; oft mit angedeuteten hellen „Hosenträgern“ (viel markanter beim Rotkehlpieper A. cervinus). Ober- wie unterseits mit kräftigen, aber ziemlich schmalen Streifen; deutliche Streifen ziehen über die Flanken; Bürzel ungestreift (wie beim Baumpieper, aber anders als beim Rotkehlpieper), kann in abgetragenem Sommerkleid schwach gestreift sein; Kopfzeichnung wenig markant: undeutlicher heller Augenring, Überaugenstreif nur angedeutet. Im Flug mit weißen äußeren Steuerfedern wie die meisten anderen Pieper. 

Geschlechter nahezu gleich. Jungvögel wie Altvögel in frischem Gefieder, Beine jedoch leuchtender rosa, Gefieder insgesamt kräftig verwaschen mattgelblich, Streifung klarer und dunkler. Altersbestimmung aufgrund der individuellen Variabilität schwierig, im Herbst sind Jungvögel bereits nicht mehr von Altvögeln zu unterscheiden. 

Die Flugweise ist beim Auffliegen kraftlos und zögernd-sprunghaft, im Streckenflug sanft wellenförmig; ruft stets im Flug. Außerhalb der Brutzeit gesellig, bildet im Winter und auf dem Zug große Trupps. 

Der typische Flugruf ist ein wiederholtes, dünnes, etwas klagendes „tsip-tsip-tsip“ oder „ist-ist-ist“. Andere häufige Rufe sind ein kürzeres „sip“ oder „sip-sip“ und ein dünnes, klares, an Heckenbraunelle erinnerndes „tiesietsie“. Warnruf am Brutplatz ein volltönendes, metallisches „tissip“. Flugrufe ähnlich denen von Berg- und Strandpieper, sind aber sehr verschieden von denen anderer kleiner Pieper. Gesang in kurzem Singflug (am Ende mit fallschirmartigem Abwärtsgleiten) oder vom Erdboden aus vorgetragen: eine Reihe leicht ansteigender, klagender „tsip“- Elemente, die zu einer Trillerphrase beschleunigt wird, darauf folgt eine gezogenere Phrase aus „tsüt“-Elementen, die am Ende in einen langen Triller übergeht; es fehlt jedoch die typische „zia- zia“-Endphrase des Baumpiepers. 2 Unterarten.

Lebensraum:

Brutvogel der offenen Graslandschaften, von küstennahen Weiden bis zu Bergweiden und -wiesen, Heiden und Mooren. Verlässt im Winter die Hochlagen; dann in offenem Gelände aller Art, von Feldern bis zu Feuchtgebieten, Meeresstränden und Salzwiesen.

Biologie und Ökologie:

Nahrungssuche auf unbewachsenem Gelände oder auf naturnahen Wiesenflächen; rennt und läuft in waagrechter Körperhaltung und mit leichtem Schwanzwippen. Setzt sich oft auf Drähte, Zäune und Büsche, seltener auf Bäume, fliegt nicht in Baumkronen, wie dies Baumpieper oft tun. Der Wiesenpieper ist Spätbrüter mit Brutbeginn Ende April/Anfang Mai und Ende der Brutperiode im August. 

Die Wiesenpieper treffen ab Mitte März bis Anfang/Mitte April in den Brutgebieten ein. Die Nester werden in Mulden am Boden auf Wiesen, Weiden, Heideflächen, Borstgrasrasen mit Heidelbeerfluren und Brachen angelegt. Legebeginn: In den Tieflagen im April, in den Hochlagen ab Anfang Mai mit deutlicher Steigerung in der zweiten und dritten Mai-Pentade und dem Höhepunkt Ende Mai. Anfang Juni nimmt die Zahl der Legebeginne wieder ab und steigt in der zweiten Juni-Hälfte wohl bedingt durch Nachgelege und vor allem durch Zweitbruten wieder an. Die Legephase hält noch bis in die letzte Juli-Dekade an. Die Gelegegröße liegt bei 4 – 5 Eiern. Die Brutdauer umfasst 11 – 15 Tage, die Nestlingszeit 12 – 13 Tage. Nach dem Ausfliegen werden die Jungvögel noch etwa 2 – 3 Wochen von den Altvögeln betreut. Die Brutperiode endet Mitte/Ende August. Geringe Fluchtdistanz von 30 – 50 m.

Verbreitung in Rheinland-Pfalz:

Westpaläarktisches Faunenelement mit Schwerpunkt in Europa. Verbreitet in der gemäßigten und borealen Zone, fehlt im Mittelmeergebiet. In Deutschland weit verbreiteter, im Norden nicht seltener Brutvogel, vor allem an der Küste häufiger Durchzügler. In Rheinland-Pfalz fast ausschließlich auf die höheren Mittelgebirge beschränkt, einige Vorkommen aber z. B. auch im Landstuhler Bruch oder im Bienwald.

Gefährdungen:

  • Verlust von Lebensraum durch Intensivierung der Landwirtschaft (Entwässerung, Grundwasserabsenkung, Verbauung) und Grünlandumbruch;
  • Intensivierte Bewirtschaftung: Überweidung, größere Anzahl und andere Zeitpunkte der (extrem frühen) Mähtermine, großflächige Mahd in sehr kurzer Zeit sowie Mechanisierung, Pestizideintrag aus Randflächen und Überdüngung;
  • Fang und Tötung in den Durchzugs- und Überwinterungsgebieten.

Empfehlungen zum Schutz und zur Förderung der Art:

  • Erhalt und Schutz verbliebener oder Wiedervernässung bzw. Renaturierung ehemaliger Niedermoore, Feuchtwiesen und Flussniederungen (Auen); Aufschüttung von Drainagegräben; Wiederherstellung intakter, extensiv genutzter, ungedüngter (oder ausgemagerter) Feuchtgrünlandflächen;
  • Förderung extensiver Grünlandnutzung, z. B. zeitweilige Beweidung mit Rindern;
  • Abstimmung der Mähtermine und kleinparzellige Mahd (Ausweichflächen) sowie das Belassen größerer Randstreifen (sei es nur für kurze Zeit) und Wahl des Mähgerätes (keine Saug- oder Kreiselmäher);
  • Offenhaltung verbuschender Feucht- und Nassgrünländer und lokale Wiedervernässung drainierter Flächen.

Literatur:

Bauer, H.-G. & P. Berthold (1996): Die Brutvögel Mitteleuropas – Bestand und Gefährdung. – Aula-Verlag, Wiesbaden.

Bauer, H.-G., Berthold, P., Boye, P., Knief, W., Südbeck, P. & K. Witt (2002):
Rote Liste der Brutvögel Deutschlands (3. überarb. Fassung, 8.5.2002). – Berichte zum Vogelschutz 39: 13-60, Nürnberg. 

Bay. Landesamt für Umweltschutz
: Erhaltungsziele für die Arten der VS-RL: Wiesenpieper –  Anthus pratensis.

Beaman, M. & S. Madge (1998):
Handbuch der Vogelbestimmung: Europa und Westpalaearktis. – Ulmer Verlag, Stuttgart. 

Bezzel, E. (1993):
Kompendium der Vögel Mitteleuropas – Passeres. – Aula-Verlag, Wies­baden.

Bezzel, E. (1995):
BLV-Handbuch Vögel. – BLV, München.

Braun, M., Kunz, A. & L. Simon
(im Druck): Rote Liste der Vögel in Rheinland-Pfalz. 

Flade, M.
(1994): Die Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands – Grundlagen für den Gebrauch vogelkundlicher Daten in der Landschaftsplanung. – IHW, Eching.

Hölzinger, J.
(1999): Die Vögel Baden-Württembergs, Singvögel 1. – Ulmer Verlag, Stuttgart.

Kunz, A. & C. Dietzen (2002):
Die Vögel in Rheinland-Pfalz eine aktuelle Artenliste (Stand 01.12.2002). – Fauna Flora Rheinland-Pfalz, Beiheft 28: 207-221, Landau. 

Kunz, A. & L. Simon (1987):
Die Vögel in Rheinland-Pfalz – Eine Übersicht. – Naturschutz und Ornithologie in Rheinland-Pfalz 4, 3: 353-657, Landau. 

Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland (2002):
Artensteckbriefe zu den Zielarten der Vogelschutzrichtlinie. – Frankfurt/M.

Stand: 17.02.2016