Steckbrief zur Art A224 der Vogelschutz-Richtlinie
Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus)
Status und Häufigkeit:
Anhang I | Gefährdeter Durchzügler | Rote Liste D (2015) | Rote Liste RLP (2014) | Erhaltungszustand |
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x | - | 3 | 1 | |
Status RLP | Bestand D | Bestand RLP | Bestandsentwicklung RLP | |
Regelmäßiger Brutvogel; verlässt das Brutgebiet im Winterhalbjahr; Durchzügler | 6.500 – 8.500 Brutpaare | ca. 250 – 300 Brutpaare | abnehmend |
Kennzeichen:
Länge 26 – 28 cm. Dunkelbraune Nachtschwalbe mit schmetterlingsartigem Balzflug, bei dem die Flügel zwischen den Schlägen nach oben gehalten werden und öfter ein Flügelklatschen zu hören ist. Weibchen ohne die weißen Flügelabzeichen und die weißen Spitzen der äußeren Steuerfedern; heller Kehlfleck oft kleiner und mit isabellfarbener Tönung. Abgetragenes Gefieder der Altvögel weniger kontrastreich, Unterseite etwas heller. Jungvögel ähnlich Weibchen, aber insgesamt heller und mit noch kleinerem Kehlfleck. Der Reviergesang des Männchens ist ein deutliches, weit hörbares, hohl klingendes Schnurren, das fünf Minuten oder länger von einer Warte aus vorgetragen wird. Ebenso dient Flügelklatschen der Reviermarkierung.
Lebensraum:
Die Besiedelung eines Raumes ist offensichtlich von einer günstigen Korrelation zwischen hoher Wärmekapazität des Bodens und geringer Fähigkeit zur Wärmeleitung in den Untergrund und damit hoher Wärmeabstrahlung an die darüber liegenden Luftschichten abhängig, besonders am Abend, wenn die Tageseinstrahlung beendet ist. Der Ziegenmelker brütet bevorzugt auf Heidegebieten und lichten Waldflächen (meist Kiefern-, seltener in Misch- oder Laubwald), auch in Randlagen von Mooren und in Dünengebieten. Aufgrund der besseren Wärmeabstrahlung am Abend in Mitteleuropa meist auf sandig-(steinigem) Boden und in lichten Wäldern; benötigt Freiflächen (Lichtungen, Kahlschläge, Schneisen) als Jagdgebiete, und auch die Brutplätze befinden sich in der Nähe.
Biologie und Ökologie:
Dämmerungs- und nachtaktiver Flugjäger, der ab Mitte April im Brutgebiet eintrifft. Die Hauptrückkehrzeit ist jedoch in der 1. und 2. Mai-Dekade und dehnt sich bis Ende Mai aus. Balz und Reviergründung beginnen mit dem Eintreffen der Weibchen 4 – 5 Tage nach den Männchen. Legebeginn: Die Brut und Jungenaufzucht umfassen den Zeitraum zwischen Anfang Juni und Mitte August; im Allgemeinen finden zwei Bruten statt. Das Gelege besteht aus 2 Eiern, die Brutzeit beträgt witterungsbedingt ca. 17 – 20 Tage; mit etwa 15 Tagen können die Jungen schon recht gut fliegen. Selbstständig sind sie mit etwa 35 Tagen und verlassen dann die Brutreviere. Ein Nestbau erfolgt nicht, die Eier werden in einer Bodenmulde bebrütet. Der Wegzug der Jungvögel erfolgt mit dem Selbständigwerden. Bei der zweiten Brut ist dies etwa Mitte August der Fall. In dieser Zeit beginnen ebenfalls die Altvögel die Brutreviere zu verlassen, können aber auch noch im September dort angetroffen werden. Der Ziegenmelker zieht nachts und in der Regel einzeln. Er ist ein ausgesprochener Zugvogel und Langstreckenzieher, der spät ankommt und früh wieder wegzieht. Die Überwinterungsquartiere liegen vor allem im östlichen Afrika (in geringer Zahl auch in Westafrika) südlich der Sahara bis Süd-Afrika. Nahrung: Großinsekten werden im Flug erbeutet.
Verbreitung in Rheinland-Pfalz:
Das Areal der 4 Unterarten des Ziegenmelkers erstreckt sich von der borealen und gemäßigten bis zur subtropischen Zone Eurasiens und Nordwest-Afrikas, ostwärts bis Baikalsee, Mongolei und Nordwest-Indien. Die Nominatform ist in Europa weit verbreitet mit Schwerpunkten in Russland und Spanien. In Mitteleuropa vor allem in den milderen Tieflagen, aber in klimatisch günstigen Lagen auch bis 1.700 m NN, Schwerpunkte in Polen und Ungarn.
In Rheinland-Pfalz besonders verbreitet in sandigen, mit Kiefern bestockten Niederungswäldern des Oberrheins sowie im Haardtrand, keine aktuellen Vorkommen mehr im nördlichen Rheinland-Pfalz.
Vorkommen in Vogelschutzgebieten:
Gefährdungen:
- Starker Rückgang des Nahrungsangebots in Form von Großinsekten, u. a. bedingt durch die Intensivierung der Landnutzung, den Mangel an Alt- und Totholzanteilen und den Mangel an lichten Waldstrukturen;
- Lebensraumverluste durch Rückgang der Niederwaldnutzung, landwirtschaftliche Nutzung, Erschließung, Aufgabe extensiver Nutzung und Beweidung (in Streu-, Steppen- und Wacholderheiden) mit starker Sukzession oder Aufforstung;
- Durch Nutzungen hervorgerufene Störungen und Beunruhigung (auch direkte Verluste) an den Brutplätzen während der Brutzeit;
- Verluste durch Straßenverkehr, ferner durch Freileitungen, Ausmähen von Schonungen etc.;
- Verfolgung auf dem Zug;
- Veränderungen des Klimas (atlantisch geprägte Sommer);
- Jungvogelverluste durch Prädatoren, vor allem Marder, Wildschwein, Fuchs u. a.;
- Verlust der Brut- und Jagdgebiete durch natürliche Sukzession auf Windwurf- und Brandflächen.
Empfehlungen zum Schutz und zur Förderung der Art:
- Maßnahmen zur Förderung der Regeneration der Großinsektenfauna (z. B. geringere Ausräumung der bodennahen Schichten, Belassen von Totholz, extensive Waldnutzung);
- Förderung eines Landschaftsmosaiks auf großer Fläche mit Erhaltung der verbliebenen offenen Heiden und Moore und extensiv genutzten Grünlandflächen, Erhaltung und Schaffung von störungsfreien Lichtungen und Schonungen an sandigen Standorten und zusätzliche Auslichtung der Waldteile, kein Ausmähen von Schonungen und waldnahen Grünländern vor August; Förderung lichter Waldstrukturen; Besucherlenkung in übererschlossenen Bereichen;
- Keine Verfüllungen von Abgrabungsflächen.
Literatur:
Bauer, H.-G. & P. Berthold (1996): Die Brutvögel Mitteleuropas – Bestand und Gefährdung. – Aula-Verlag, Wiesbaden.
Bauer, H.-G., Berthold, P., Boye, P., Knief, W., Südbeck, P. & K. Witt (2002): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands (3. überarb. Fassung, 8.5.2002). – Berichte zum Vogelschutz 39: 13-60, Nürnberg.
Bay. Landesamt für Umweltschutz: Erhaltungsziele für die Arten der VS-RL: Ziegenmelker – Caprimulgus caprimulgus.
Beaman, M. & S. Madge (1998): Handbuch der Vogelbestimmung: Europa und Westpalaearktis. – Ulmer Verlag, Stuttgart.
Bezzel, E. (1985): Kompendium der Vögel Mitteleuropas – Nonpasseriformes. – Aula-Verlag, Wiesbaden.
Bezzel, E. (1995): BLV-Handbuch Vögel. – BLV, München.
Braun, M., Kunz, A. & L. Simon (im Druck): Rote Liste der Vögel in Rheinland-Pfalz.
Diehl, O. (1995): Ziegenmelker – Caprimulgus caprimulgus – In: Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (Hrsg.) (1993-2000): Avifauna von Hessen, 2. Lieferung.
Flade, M. (1994): Die Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands – Grundlagen für den Gebrauch vogelkundlicher Daten in der Landschaftsplanung. – IHW, Eching.
Kunz, A. & C. Dietzen (2002): Die Vögel in Rheinland-Pfalz – eine aktuelle Artenliste (Stand 01.12.2002). – Fauna Flora Rheinland-Pfalz, Beiheft 28: 207-221, Landau.
Kunz, A. & L. Simon (1987): Die Vögel in Rheinland-Pfalz – Eine Übersicht. – Naturschutz und Ornithologie in Rheinland-Pfalz 4, 3: 353-657, Landau.
Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland (2002): Artensteckbriefe zu den Zielarten der Vogelschutzrichtlinie. – Frankfurt/M.