a122 - Wachtelkönig (Crex crex) | VSG-Arten in RLP

Steckbrief zur Art A122 der Vogelschutz-Richtlinie

Wachtelkönig (Crex crex)

Status und Häufigkeit:

Anhang I Gefährdeter Durchzügler Rote Liste D (2015) Rote Liste RLP (2014) Erhaltungszustand
x - 2 1
Status RLP Bestand D Bestand RLP Bestandsentwicklung RLP
Regelmäßiger Brutvogel; Sommervogel, Durchzügler 2.300 – 4.100 Brutpaare ca. 20 – 30 Reviere gering schwankende Bestände

Kennzeichen:

Länge 27 – 30 cm. Oft zu hören, aber schwer zu sehen. Erinnert am Boden an ein schmales Rebhuhn, ist aber einheitlicher gefärbt, langbeiniger und dickschnäbliger. Ein mittelgroßer, bräunlicher Vogel, der manchmal fast unter den Füßen hochfliegt, dann unterscheiden ihn die rostbraunen Flügeldecken und herabbaumelnden Beine von allen Hühnervögeln. Deren Flügel sind im Verhältnis kürzer, die Flügelschläge rascher. Revieranzeigende Wachtelkönige laufen manchmal aus der Deckung, oder Kopf und Hals ragen über die Halme. Verwechslung mit anderen Vögeln unwahrscheinlich. Die Geschlechter sind einander sehr ähnlich, Weibchen allerdings an den Kopf- und Halsseiten weniger grau. Jungvögel ober- und unterseits mehr isabellfarben, rostbraune Flanken, Bänderung undeutlicher. Der Reviergesang ist unverwechselbar und fast ausnahmslos der einzige Hinweis auf die Anwesenheit des Vogels. Weittragend, wiederholt, trocken, hölzern, zweisilbig „rrerrp-rrerrp, rreerrp-rrerrp“ ähnlich einem harten Gegenstand, der über die Zinken eines Haarkamms streicht. Rufe der schwarzen Küken ein einsilbiger scharfer Laut („psiau“), der bis zu 50 m weit trägt und dem Schafstelzenruf nicht unähnlich ist.

Lebensraum:

Der Wachtelkönig bevorzugt halb offene Auen, schütter bewachsene Verlandungszonen, Seggenmoore und natürliche Bergwiesen (stellenweise bis zur subalpinen Stufe). Inzwischen ist er aber vorwiegend in offenem, extensiv genutztem Kulturland mit deckungsreicher Vegetation von etwa 25 – 100 cm Höhe anzutreffen. In Mitteleuropa werden Flächen mit Winter- und Frühjahrshochwasser genutzt. Der Wachtelkönig ist eine typische Wiesenvogelart, die aber auch in höhere Strukturen wie z. B. Weidengehölze eindringt. Besonders früh erscheinende Männchen rufen in den zu dieser Zeit schon ausreichend Deckung bietenden Strukturen wie Hochstauden, Schilf, hochgewachsenen Wiesen oder auch Gehölzgruppen. Die Reviere liegen später nicht in fetten, stark wüchsigen Wiesen, da diese für die am Boden laufende Art undurchdringlich werden. Besonders die Jungtiere benötigen nicht zu dichte Vegetation, da sie sonst sehr schnell durchnässen und sterben. Es werden daher entweder magere oder feuchte Wiesen (verzögertes Pflanzenwachstum) aufgesucht oder Flächen, die früher im Jahr gemäht wurden und zum Aktivitätszeitpunkt der Jungvögel (Juni/Juli) schon wieder höher gewachsen sind.

Biologie und Ökologie:

Der Wachtelkönig tritt relativ unregelmäßig auf, da günstige Lebensräume von Jahr zu Jahr wechseln, daher ist die Ansiedlungsdynamik hoch. Als ausgesprochene Langstreckenzieher, die ihre Überwinterungsgebiete im tropischen und Südost-Afrika haben, erscheinen die ersten Tiere meist erst Ende April/Anfang Mai. Die Altvögel mausern im Anschluss an die Brutperiode ihr Großgefieder und sind dann etwa drei Wochen flugunfähig. Aus diesem Grund dürfte der Abzug frühestens Ende August beginnen, Nachweise liegen aber bis November vor. Die Männchen locken die am nächtlichen Himmel ziehenden Weibchen durch die Bildung von „Rufteppichen“ in die Brutgebiete. Je mehr Männchen in geeigneten Gebieten rufen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Weibchen angelockt werden.

Erscheinen keine Weibchen, verstummen die Rufe und die Männchen verschwinden aus dem Gebiet. Ein Hinweis auf Brüten ist auch, wenn ein Männchen seinen mehrfach besetzten Rufplatz um einige hundert Meter verlegt. Dies führen hauptsächlich Männchen durch, die schon verpaart waren und bei denen das Weibchen das erste Ei gelegt hat. Die Männchen verstummen nach Beendigung der Legeperiode. Gegen Anfang August sind die Jungvögel voll flugfähig, aber schon Ende Juli können sie flattern und den Mähwerkzeugen durch Laufen entkommen. Nach Beobachtungen von Schäffer (1996) werden hierbei auch schon gemähte Bereiche durch Laufen überbrückt. Wichtig sind zu diesem Zeitpunkt Rückzugsräume wie Schilf- und Hochstaudenfluren sowie schon wieder hochgewachsene Wiesen. Auch die Altvögel benötigen solche Rückzugsräume, da sie direkt nach der Brut eine Vollmauser durchmachen. Zu dieser Zeit sind sie flugunfähig und akustisch nicht zu lokalisieren. Nahrung: vielseitig, zumeist Insekten, Kleintiere, aber auch Jungvögel und Pflanzenteile.

Verbreitung in Rheinland-Pfalz:

Mittlere Breiten von West-Europa bis Sibirien; in Mitteleuropa unregelmäßig, z. T. inselartig verbreitet, die meisten Brutpaare in Polen. 

In Rheinland-Pfalz kann die Art überall auftreten, in den letzten Jahren regelmäßiger im Westerwald, in der Vorder- und Südpfalz.

Gefährdungen:

  • Verlust von Lebensraum durch Intensivierung der Landwirtschaft (Entwässerung, Grundwasserabsenkung, Eindeichung, Verbauung) und Grünlandumbruch;
  • Intensivierte Bewirtschaftung: Überweidung, Anzahl und Zeitpunkt der (extrem frühen) Mähtermine, großflächige Mahd in sehr kurzer Zeit sowie Mechanisierung und Überdüngung;
  • Verlust von Mauser- und Ausweichplätzen wie Stausäume, Brachen und Böschungswiesen;
  • Direkte Verfolgung in den Durchzugsgebieten im Mittelmeerraum (Abschuss, Fang);
  • Pestizideinsatz in den Überwinterungsgebieten;
  • Verluste an Freileitungen, Masten, Sendetürmen etc.;
  • Störungen durch Windenergieanlagen.

Empfehlungen zum Schutz und zur Förderung der Art:

  • Erhalt und Schutz verbliebener oder Wiedervernässung bzw. Renaturierung ehemaliger Niedermoore, Feuchtwiesen und Flussniederungen (Auen); Aufschüttung von Drainagegräben; Wiederherstellung intakter, extensiv genutzter, ungedüngter (oder ausgemagerter) Feuchtgrünlandflächen. Aufgrund geringer Ortstreue der Art sind Schutzmaßnahmen nur in großem Maßstab sinnvoll;
  • Abstimmung von Mähterminen und kleinparzelliger Mahd (Ausweichflächen) sowie das Belassen von Randstreifen (sei es nur für kurze Zeit), Wahl des Mähgerätes (z. B. Balkenmäher);
  • Management und Vertragsnaturschutz;
  • Absicherung von Freileitungen;
  • Schaffung oder Erhalt von erhöhten Vegetationsstrukturen, die von den Vögeln bei ihrer Ankunft als Rufplätze genutzt werden können.

Literatur:

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Bauer, H.-G., Berthold, P., Boye, P., Knief, W., Südbeck, P. & K. Witt (2002):
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Bay. Landesamt für Umweltschutz
: Erhaltungsziele für die Arten der VS-RL: Wachtelkönig – Crex crex.

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Handbuch der Vogelbestimmung: Europa und Westpalaearktis. – Ulmer Verlag, Stuttgart. 

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Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland (2002):
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Stand: 17.02.2016