a103 - Wanderfalke (Falco peregrinus) | VSG-Arten in RLP

Steckbrief zur Art A103 der Vogelschutz-Richtlinie

Wanderfalke (Falco peregrinus)

Status und Häufigkeit:

Anhang I Gefährdeter Durchzügler Rote Liste D (2015) Rote Liste RLP (2014) Erhaltungszustand
x - * *
Status RLP Bestand D Bestand RLP Bestandsentwicklung RLP
Regelmäßiger Brutvogel; Standvogel; Durchzügler 1.000 – 1.200 Brutpaare 100 – 130 Brutpaare zunehmend

Kennzeichen:

Länge 36 – 48 cm, Spannweite 85 – 120 cm. Der Wanderfalke ist der in Europa am weitesten ver­brei­te­te Großfalke. Dieser Falke fliegt kraftvoll, aber sehr wendig, vollführt oft tiefe, atem­be­rau­ben­de, fast senkrechte Sturzflüge (mit praktisch geschlossenen Flügeln) bei der Verfolgung von Vögeln. Seine Flügelschläge im Streckenflug sind langsam, steif und ziemlich flach, im Jagdflug aber schneller und weiter ausholend. Beim Segeln hält er die Flügel waagerecht mit leicht aufwärts gebogenen Handflügeln. Der Wanderfalke hat eine typische gedrungene Flugsilhouette: Basale Flügelteile breit, Handteile aber schmal und sehr spitz zulaufend, was bei im Segelflug völlig ausgestreckten Flügeln einen fast dreieckigen Umriss erzeugt. Die Flügelenden sind spitzer als bei anderen Großfalken und der Schwanz ist auffallend kürzer. Altvögel sind durch diese kennzeichnenden Merkmale von anderen Großfalken unterscheidbar sowie durch ganz schwarzen Scheitel und Hinterkopf, dunkel bläulichgraue übrige Oberseite, sehr breiten, dunklen Wangenstreif und durch ausgedehnte Unterseitenbänderung von der Hinterbrust bis zu den Unterschwanzdecken. Aus der Entfernung wirkt die Unterseite überwiegend grau, kontrastreich von der weißlichen Vorderbrust und Kehle abgesetzt. Jungvögel zeigen den typischen Habitus der Altvögel, aber die Gefiedermerkmale sind weniger deutlich. Sie unterscheiden sich von Adulten durch die gänzlich schwarzbraune Oberseite, den von der Brust bis zu den Unterschwanzdecken gelblich getönten Unterrumpf mit deutlichen dunklen Längsflecken (nicht Bändern), ferner den kleinen, isabellfarbenen Nackenfleck, den schmaleren dunklen Wangenstreif, einen hellen Überaugenstreif und die hellere Stirn. Der Wanderfalke ist meist schweigsam, ausgenommen in Nestnähe, dort ist der häufigste Ruf laut, rau, scheltend „kjä-kjä-kjä ...“ oder „gräh-gräh-gräh“.

Lebensraum:

Der Wanderfalke ist sehr vielseitig hinsichtlich seiner Lebensraumansprüche und meidet lediglich hochalpine Gebiete, großflächig ausgeräumte Kulturlandschaft sowie große geschlossene Waldkomplexe. Er brütet bevorzugt an steilen Felswänden in Flusstälern und Waldgebirgen, an Steilküsten und Steinbrüchen, war früher aber auch Baumbrüter in lichten Althölzern (dort ausgerottet), an Waldrändern usw. und Bodenbrüter in großen Moorgebieten der borealen Zone Nordeuropas (ausnahmsweise auch auf Inseln Mitteleuropas). Außerdem nehmen Bruten an hohen Bauwerken auch innerhalb von Großstädten zu. Die Jagd vollzieht sich vorwiegend in offener Landschaft, vor allem im Winter nicht selten auch am Wasser, inzwischen vermehrt auch innerhalb von Großstädten.

Biologie und Ökologie:

Der Wanderfalke ist der größte einheimische Falke und wurde in Nordamerika und Europa zum Symbol für den rücksichtslosen Umgang des Menschen mit der Natur. Nachdem es im 19. Jh. bis Mitte des 20. Jahrhunderts kaum Hinweise auf gravierende Bestandsveränderungen in Mitteleuropa gab, setzte jedoch Anfang der 1950er Jahre eine katastrophale Bestandsabnahme infolge intensiver Verfolgung und Pestizideinsatzes ein und erfasste ganz Europa mit Ausnahme des Südens. Während in Westdeutschland 1937 noch über 800 Brutpaare und 1950 noch etwa 430 brüteten, waren in den 1970er Jahren die Bestände der meisten Bundesländer erloschen (mit Ausnahme kleiner Populationen in Baden-Württemberg und Bayern). Durch erhebliche naturschutzpolitische Anstrengungen und intensive Schutz­maßnahmen (maßgeblich seitens der „Arbeitsgemeinschaft Wanderfalkenschutz“) konnten sich die Bestände in den Rückzugsgebieten wieder erholen und breiteten sich von dorther erneut aus. Gebietsweise werden die Bestandsgrößen der 1950er Jahre wieder erreicht oder sogar übertroffen. Viele Neuansiedlungen sind die Folge von Wiedereinbürgerungsaktionen. 

In Mitteleuropa ist der Wanderfalke meist Standvogel und Teilzieher mit abnehmender Zugneigung von Nord- und Ost- nach Süd- und Westeuropa. Überwinterungsgebiete der Jungvögel West-Mitteleuropas reichen bis Großbritannien, Frankreich und Spanien, derjenigen aus Ost-Mitteleuropa bis zum Balkan.

Falls das Paar oder einer der Partner nicht am Brutplatz oder in dessen Nähe überwintert, erfolgt dort Mitte bis Ende Februar erneut die Paarbildung. Legebeginn ab Mitte März, vollständige Gelege in der Regel zwischen dem 20. März und 10. April. Die (1) 2 – 4 (5) Eier sind auf gelblichbrauner Grundfarbe stark braunrot gefleckt. Nach einer Brutdauer von 29 – 32 Tagen je Ei, einer Huderphase von 10 Tagen sowie einer Nestlingszeit von 35 bis 42 Tagen fliegen die ersten Jungen ab Mitte/Ende Mai aus. Nach einer Bettelflugperiode von drei bis vier Wochen lösen sich die meisten Familienverbände ab Ende Juli auf. Die ältesten Ringvögel wurden 15 Jahre alt.

Die Nahrung besteht fast ausschließlich aus Vögeln, die im bis zu 220 km/h schnellen Jagdflug erbeutet werden. 

Als Fluchtdistanz werden 100 – 200 m angegeben, doch sind die Brutvögel der Großstädte deutlich vertrauter. Geringste Horstabstände liegen bei < 1000 m, das Jagdgebiet ist mit > 100 km² jedoch sehr groß.

Verbreitung in Rheinland-Pfalz:

Der Wanderfalke war früher in 19 Unterarten weitgehend kosmopolitisch verbreitet, nach starker Verfolgung ist das besiedelte Areal inzwischen aber sehr lückenhaft. In Europa liegen die Verbreitungsschwerpunkte in Spanien, Frankreich und Großbritannien, des Weiteren in Grönland. In den Niederlanden und Belgien derzeit nur unregelmäßiger Brutvogel, fehlt in Ungarn, Luxemburg und Liechtenstein.

In Deutschland verblieben die letzten Populationen nach dem starken Bestandsrückgang in Bayern und Baden-Württemberg. Einerseits durch Wiederausbreitung dieser Vorkommen, andererseits durch Wiederansiedlungsmaßnahmen in Nordhessen sowie ein Verbot z.B. von DDT konnte sich mittlerweile wieder eine mitteldeutsche Population gründen.

Auch in Rheinland-Pfalz steigt die Zahl der Brutpaare, wobei auch zahlreiche Gebäudebrüter nachgewiesen sind. Die Schwerpunktvorkommen befinden sich entlang dem Mittelrhein, der Mosel und Nahe sowie im Pfälzerwald.

Gefährdungen:

  • Gebietsweise direkte Verfolgung (illegaler Abschuss und Vergiftung, illegales Aushorsten und Fallenfang zu Aufzuchtzwecken);
  • Störungen an den Brutplätzen durch Freizeitaktivitäten (Wandern, Klettern etc.) und Forstarbeiten;
  • Freileitungs- und Strommastenopfer;
  • Natürliche Verluste durch ungünstige Witterung zur Brutzeit sowie durch Steinmarder, Uhu, Parasitenbefall etc.;
  • Verlust des Lebensraumes durch Zersiedelung, Zerschneidung, Verdrahtung etc.;
  • Rückgang der Beutetiere.

Empfehlungen zum Schutz und zur Förderung der Art:

  • Instandsetzung sowie Neuschaffung von witterungsgeschützten und mardersicheren Brutnischen und Horstplattformen; Sicherung geeigneter Sekundärbiotope wie Steinbrüche in felsarmen Gebieten;
  • Bekämpfung und Ahndung illegaler Aushorstungen und Abschüsse.
  • Lenkung von Freizeit- und Sportaktivitäten in Horstnähe;
  • Monitoring der Bestandsentwicklung sowie der potentiellen weiteren Einwirkung der genannten Gefährdungsfaktoren.

Literatur:

Bauer, H.-G. & P. Berthold (1996): Die Brutvögel Mitteleuropas – Bestand und Gefährdung. – Aula-Verlag, Wiesbaden.

Bay. Landesamt für Umweltschutz
: Erhaltungsziele für die Arten der VS-RL: Wanderfalke – Falco peregrinus. 

Beaman, M. & S. Madge (1998):
Handbuch der Vogelbestimmung: Europa und Westpalaearktis. – Ulmer Verlag, Stuttgart. 

Bezzel, E. (1993):
Kompendium der Vögel Mitteleuropas – Passeres. – Aula-Verlag, Wiesbaden.

Bezzel, E. (1995):
BLV-Handbuch Vögel. – BLV, München. 

Bosselmann, J.
(2003): Die Vogelwelt in Rheinland-Pfalz – Seetaucher bis Enten. – Pflanzen und Tiere in Rheinland-Pfalz, Sonderheft VI. – Mayen.

Bosselmann, J.
(2004): Die Vogelwelt in Rheinland-Pfalz – Tauchenten bis Trappen. – Pflanzen und Tiere in Rheinland-Pfalz, Sonderheft VII. – Mayen. 

Braun, M., Kunz, A. & L. Simon
(1992): Rote Liste der in Rheinland-Pfalz gefährdeten Brutvogelarten (Stand 31.06.1992). – Fauna Flora Rheinland-Pfalz 6: 1065-1073.

Brauneis, W. & C.
von Eschwege (1995): Wanderfalke – Falco peregrinus. – In: Hessische Gesell­schaft für Ornithologie und Naturschutz (Hrsg.) (1993-2000): Avifauna von Hessen, 2. Lieferung.

Dietzen, C. & V. Schmidt
(2002): Ornithologischer Sammelbericht 2001 für Rheinland-Pfalz. – Fauna Flora Rheinland-Pfalz, Beiheft 27.

Dietzen, E., Folz, H.-G. & E. Henß (2004):
Ornithologischer Sammelbericht 2003 für Rheinland-Pfalz. – Fauna Flora Rheinland-Pfalz, Beiheft 32.

Dietzen, E., Folz, H.-G., Henß, E., Eislöffel, F., Jönck, F., Hof, M. & C. Hof
(2003): Ornithologischer Sammelbericht 2002 für Rheinland-Pfalz. – Fauna Flora Rheinland-Pfalz, Beiheft 30.

Flade, M.
(1994): Die Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands – Grundlagen für den Gebrauch vogelkundlicher Daten in der Landschaftsplanung. – IHW, Eching.

Forsman, D.
(1999): The Raptors of Europe and the Middle East. – London.

Gensbol, B.
(1986/1997): Greifvögel. – BLV, München.

Glutz v. Blotzheim, U. N., Bauer, K. M. & E. Bezzel
(1971): Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Bd. 4 (Falconiformes). – Aula-Verlag, Wiesbaden.

Kostrzewa, A. & G. Speer
(1995): Greifvögel in Deutschland. – Aula-Verlag, Wiesbaden.

Kunz, A. & C. Dietzen (2002):
Die Vögel in Rheinland-Pfalzeine aktuelle Artenliste (Stand 01.12.2002). – Fauna Flora Rheinland-Pfalz, Beiheft 28: 207-221, Landau. 

Kunz, A. & L. Simon (1987):
Die Vögel in Rheinland-Pfalz – Eine Übersicht. – Naturschutz und Ornithologie in Rheinland-Pfalz 4, 3: 353-657, Landau. 

Mebs
, T. (1994): Greifvögel Europas – Biologie, Bestandsverhältnisse, Bestandsgefährdung. – Stuttgart.

Rheinwald
, G. (1993): Atlas der Verbreitung und Häufigkeit der Brutvögel Deutschlands – Kartierung um 1985. – Schriftenreihe des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten Nr. 12. – Rheinischer Landwirtschaftsverlag, Bonn.

Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland
(2002): Artensteckbriefe zu den Zielarten der Vogelschutzrichtlinie. – Frankfurt/M. 

Svensson, L., Grant, P., Mullarney, K. & D. Zetterström
(1999): Der neue Kosmos-Vogelführer. – Stuttgart.

Stand: 17.02.2016