a073 - Schwarzmilan (Milvus migrans) | VSG-Arten in RLP

Steckbrief zur Art A073 der Vogelschutz-Richtlinie

Schwarzmilan (Milvus migrans)

Status und Häufigkeit:

Anhang I Gefährdeter Durchzügler Rote Liste D (2015) Rote Liste RLP (2014) Erhaltungszustand
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Status RLP Bestand D Bestand RLP Bestandsentwicklung RLP
Regelmäßiger Brutvogel; verlässt das Brutgebiet im Winterhalbjahr; Durchzügler 6.000 – 9.000 Brutpaare 250 - 400 Brutpaare stabil bis leicht zunehmend; Ausbreitungstendenz in den Mittelgebirgen

Kennzeichen:

Länge 55 – 60 cm, Spannweite 135 – 170 cm. Mittelgroßer Greifvogel mit insgesamt dunklem Gefieder, langen und breiten Flügeln und langem Schwanz; deutlich größer und langflügeliger als Mäusebussard. Häufig an Aas oder Abfällen zu beobachten. Am ehesten mit Rotmilan zu verwechseln. Im Vergleich mit anderen ähnlichen Greifvögeln ist der leicht gegabelte Schwanz das beste Unterscheidungsmerkmal. Beim Segelflug erscheint der gespreizte Schwanz jedoch nur wenig eingebuchtet oder sogar rechteckig. Flügelunterseite sehr dunkel, das helle Feld ist auf den Handflügel beschränkt. Typischer Flug (ähnlich Rotmilan): Ruderflug mit sehr weichen Flügelschlägen, die Flügel werden beim Abwärtsschlag etwas nach vorne geschoben. Im Geradeausflug hebt und senkt sich der Körper im Rhythmus der Flügelschläge wie bei einer Seeschwalbe. Segelt und gleitet mit flach gehaltenen oder leicht gebogenen Flügeln, wobei der Handflügel etwas nach hinten abgewinkelt wird. Verdreht im Flug oft den Schwanz und bewegt die Flügel unabhängig voneinander. Schwarzmilane sind oft gesellig und bilden mitunter große Nahrungs- und Schlafgemeinschaften, z. B. an Mülldeponien und Gewässern, insbesondere an den Rheininseln. Gewöhnlich schweigsam, manchmal sind ein weiches, pfeifendes „pi-ü“ (besonders bei der Balz) und (bei Gefahr) ein scharfes „gri-ä“ zu hören.

Lebensraum:

Generell werden für die Besiedelung gewässerreiche Landschaften der Tieflagen (Flussauen, Seen) gegenüber Tallagen der Mittelgebirge vorgezogen und dicht bewaldete Bereiche mit nur wenigen Gewässern und geringem Offenlandanteil gemieden. Der Schwarzmilan brütet auf Bäumen größerer Feldgehölze und hoher, lückiger Altholzbestände in ebenem und hügeligem Gelände, oft in Gewässernähe und daher häufig in Eichenmischwäldern beziehungsweise Hart- und Weichholzauen. Die Horstbäume befinden sich in geringer Entfernung zum Waldrand. Nicht selten brütet der Schwarzmilan in oder in der Nähe von Graureiher- und Kormorankolonien, da er als Schmarotzer von der Nahrung der Koloniebrüter profitiert.

Biologie und Ökologie:

Der Schwarzmilan ist eine der geselligsten Greifvogelarten und bildet oft große Nahrungs- und Schlafgemeinschaften. Größere Konzentrationen bilden sich zum Beispiel an Mülldeponien, Abwasserteichen oder bei größerem Fischsterben, aber auch bei schwärmenden Ameisen. 

In Mitteleuropa Langstreckenzieher mit Zug über die Meerengen in Spanien (Gibraltar), Italien und der Türkei. Afrikanische Winterquartiere südlich der Sahara, aber auch im Südosten des Mittelmeergebietes überwinternd. Der Heimzug vollzieht sich Mitte März, die Ankunft an den Brutplätzen ist Ende März bis Anfang April. Der Wegzug beginnt im Juli, erreicht seinen Höhepunkt im August und ist in der letzten Septemberwoche bereits abgeschlossen. Legebeginn ab Mitte April. Flüggewerden der Jungvögel bis Ende Juni/Anfang Juli. Gelege 2 – 3 Eier; durchschnittliche Fortpflanzungsrate 1,3 Juv./Paar. Die Nahrung besteht oft aus kranken oder toten Fischen, Aas sowie aktiv erbeuteten Kleinsäugern und Kleinvögeln, aber auch Amphibien, Reptilien, Regenwürmern und Insekten; jagt anderen Arten mitunter Nahrung ab (Kleptoparasitismus). 

Fluchtdistanz: 100 – 300 m, besonders empfindlich im Nestbereich während der Revier­be­setz­ungs­pha­se im Frühjahr. Nestrevier sehr klein, Nahrungsrevier mehrere hundert Hektar (bis > 10 km²).

Verbreitung in Rheinland-Pfalz:

Gemäßigte, subtropische und tropische Regionen Eurasiens ohne Nordwesteuropa, Afrika ohne Sahara, in Teilen Südostasiens und Neuguineas und Australiens. Schwerpunkte in Europa sind Russland, Frankreich und Spanien.

In Deutschland im Osten häufiger, in Rheinland-Pfalz überall lückig verbreitet, Konzentrationen befinden sich in den großen Flusstälern, z.B. an der Mosel, am Mittelrhein und insbesondere entlang des Oberrheins.

Gefährdungen:

  • Lebensraumverluste durch Zerstörung natürlicher Auenlandschaften und Auwälder, kurze Umtriebszeiten sowie Veränderungen in der Landnutzung;
  • Als Aas- und Abfallfresser gefährdet durch Kontamination der Beutetiere mit Pestiziden und anderen Giften;
  • Eintragen von Plastikmüll kann zu Staunässe im Nest führen; dadurch Auskühlen und Absterben der Embryonen;
  • Brutaufgabe durch Maßnahmen (Holzselbstwerber) im Horstumfeld während der Brutzeit (bspw. Fällen von Horstbäumen, Freizeitaktivitäten);
  • Verluste an Freileitungen und ungesicherten Masten (Stromschluss);
  • Verringerung des Nahrungsangebotes durch geänderte Deponietechnik;
  • Direkte Verfolgung auf dem Zug und in den Überwinterungsgebieten (Abschuss und Vergiftung).

Empfehlungen zum Schutz und zur Förderung der Art:

  • Erhalt der Auwälder mit naturnaher Baumartenzusammensetzung.
  • Vermeidung von starken Eingriffen und Verlängerung der Umtriebszeiten von Eichen.
  • Erhaltung von Altholzbeständen.
  • Sicherung störungsfreier Phasen im Horstbereich während der Brut- und Aufzuchtszeit (Mitte März bis Ende Juli).
  • Entschärfung gefährlicher Strommasten und Freileitungen.
  • Weitere Verminderung des Einsatzes von Rodentiziden in der Landwirtschaft.
  • Weitere Verminderung des Pestizideinsatzes auf landwirtschaftlichen Flächen.
  • Besucherlenkung und Erhalt störungsfreier (Halb-)Inseln an Gewässern.
  • Schaffung fischreicher Altwasser.
  • Erhalt von Totholzbäumen im Horstgebiet (als Sitzwarten, zur Beuteübergabe etc.).

Literatur:

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: Erhaltungsziele für die Arten der VS-RL: Schwarzmilan – Milvus migrans.

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Stand: 17.02.2016