Steckbrief zur Art A072 der Vogelschutz-Richtlinie
Wespenbussard (Pernis apivorus)
Status und Häufigkeit:
Anhang I | Gefährdeter Durchzügler | Rote Liste D (2015) | Rote Liste RLP (2014) | Erhaltungszustand |
---|---|---|---|---|
x | - | V | V | |
Status RLP | Bestand D | Bestand RLP | Bestandsentwicklung RLP | |
Regelmäßiger Brutvogel; verlässt das Brutgebiet im Winterhalbjahr; Durchzügler | 4.300 – 6.000 Brutpaare | 260 – 400 Brutpaare | unzureichend bekannt; bei starken jährlichen witterungsbedingten Schwankungen stabil? |
Kennzeichen:
Länge 52 – 60 cm, Spannweite 125 – 145 cm. Der Wespenbussard ist ein mittelgroßer Greifvogel, der auf den ersten Blick dem Mäusebussard ähnelt. Sein Gefieder ist wie bei den echten Bussarden der Gattung Buteo sehr variabel, was die Bestimmung aufgrund von Gefiedermerkmalen erschwert, besonders bei Jungvögeln. In allen Kleidern fällt der charakteristische Habitus auf: Im Vergleich mit echten Bussarden ist der Hals auffällig schlank, der Kopf kleiner und etwas taubenähnlich, Kopf und Hals ragen deutlich vor (bei Vögeln im Gleitflug mindestens bis zur Höhe des Flügelbugs). Der Schwanz ist länger und kräftiger (gleich lang oder länger als die Breite der Flügel) und mit leicht konvex geschwungenen Seiten und abgerundeten Ecken – anders als die geraden Seiten und kantigen Ecken des Buteo-Schwanzes. Der Wespenbussard hält im Segelflug die Flügel in der Horizontalen und ziemlich rechtwinklig vom Körper weg (nicht nach vorne und oben in einem flachen „V“ wie Buteo-Arten), im Streckengleitflug sind die Flügel leicht abwärts gebogen (bei Buteo zumeist horizontal), im Ruderflug sind die Flügelschläge tiefer und elastischer. Verdreht im Flug oft den Schwanz wie die Milane (Buteo-Arten tun dies auch gelegentlich). Die Altvögel sind wesentlich leichter von Buteo-Arten zu unterscheiden als Jungvögel: Ihr Flügelmuster ist unverwechselbar mit deutlichem breiten, dunklen Band auf dem Hinterrand, sehr wenig dunkler Färbung an den Spitzen der Handschwingen (besonders bei Männchen) und mit parallelen dunklen Binden über den Basen der Schwungfedern. Auch das Schwanzmuster, das im Segelflug am deutlichsten sichtbar wird, ist mit einer breiten, dunklen Endbinde und zwei schmalen Binden nahe der Basis charakteristisch gefärbt. Alle diese Merkmale sind am ehesten von unten erkennbar. Die marmorierte Unterseite (inklusive der Unterflügeldecken) typischer Wespenbussarde ist ebenfalls ein hilfreiches Merkmal. Sehr charakteristisch für die große Mehrheit der Altvögel ist der gerade Flügelhinterrand im Segel- und vor allem im Gleitflug – deutlich verschieden vom S-förmig geschwungenen Flügelhinterrand der Buteo-Arten, deren Handflügel schmaler und spitzer ist. Im Jugendkleid ohne die charakteristische Gefiederzeichnung der Altvögel, Flügel und Schwanz noch stärker gebändert, die Spitzen der Handschwingen sind ganz dunkel. Mit S-förmigem Flügelhinterrand aufgrund des im Vergleich zu den Altvögeln breiteren Hand- und schmaleren Armflügels; manchmal auch mit kürzerem Schwanz. Typischer Ruf ein klares, gedehntes, melodisches und melancholisches „wii-uuu“ oder (mehr dreisilbig) „wi-wii-uu“, ganz anders als Mäusebussard, mehr vibrierend.
Lebensraum:
Der Wespenbussard ist Brutvogel größerer, abwechslungsreich strukturierter Buchen-, Eichen- und Laubmischwälder. Im Mittelgebirge werden Kuppen und obere Hangbereiche als Horststandorte bevorzugt. Nahrungshabitate sind sonnige Waldpartien wie Lichtungen, Kahlschläge, Windwürfe, Waldwiesen, Wegränder, Schneisen sowie halb offenes Grünland, Raine, Magerrasen, Heiden und ähnliche extensiv genutzte Flächen. Die zeitliche Nutzung der verschiedenen Habitatelemente im Brutrevier ist kaum erforscht. Ausgedehntes Agrarland (Ackerbau) bietet ihm keinen Lebensraum.
Biologie und Ökologie:
Der Wespenbussard ist der heimische Greifvogel, über den die größten Wissenslücken bestehen. Dafür ist zum einen seine heimliche Lebensweise verantwortlich: Im Brutgebiet ist er nur etwa 100 Tage anwesend, der Horstbau erfolgt erst nach Belaubung der Bäume, er vollzieht häufige Horstwechsel und balzt unauffällig, darüber hinaus verfügt er über große Reviere. Zum anderen kommt es oft zur Verwechslung mit Mäusebussard und Habicht sowie zu methodischen Erfassungsproblemen. Als Ursache für die jährlich großen Brutbestandsschwankungen bis hin zu gebietsweise fast völligem Brutausfall gelten Wespenmangeljahre als Folge anhaltend feuchtkühler Witterung im Mai/Juni.
Der Heimzug findet ab Ende April mit Höhepunkt Mitte Mai statt, der Wegzug in Wespenmangeljahren bereits im Juli, sonst Ende August und Anfang September. Der Wespenbussard ist Langstreckenzieher mit Überwinterungsgebieten im Regenwald von West- und Zentral-Äquatorialafrika.
Das große Nest steht überwiegend auf alten, großkronigen Laubbäumen (Eichen und Buchen). Der Legebeginn liegt um Ende Mai bis Anfang Juni, der Schlupf der Jungen findet Ende Juni bis Mitte Juli, das Ausfliegen der Jungen von Anfang bis Mitte August statt. Die Nahrung besteht aus Larven, Puppen sowie Imagines von sozialen Wespenarten. Vor allem für die Jungenaufzucht ist diese Nahrung entscheidend. Es werden auch Amphibien, Reptilien und ausnahmsweise Kleinsäuger verzehrt.
Fluchtdistanz: Nach Aussagen von Artkennern nicht besonders scheu, doch liegen auch Angaben von 100 – 200 m Fluchtdistanz vor. Da die Art sich nur ca. 100 Tage im Brutgebiet aufhält, sollten ihre Brutplätze störungsfrei bzw. störungsarm sein.
Verbreitung in Rheinland-Pfalz:
In sommerwarmen, niederschlagsarmen Gebieten der mittleren und höheren Breiten von Südwesteuropa bis Westsibirien. In Mitteleuropa von Tieflagen bis ins Vorgebirge, in günstigen Gebieten auch in Hochlagen.
In Rheinland-Pfalz ist der Wespenbussard landesweit überwiegend in geringer Dichte verbreitet und besiedelt mit Ausnahme der Höhenlagen alle Höhenstufen, vom Auwald am Oberrhein bis in die Mittelgebirge. Ausgedehnte, ruhigere Waldlandschaften, extensiv genutzte, kleinflächig gegliederte Grünländereien mit sonnenexponierten Hängen bieten dem Wespenbussard gute Lebensbedingungen. Bevorzugt in thermisch günstigen Gebieten entlang von Rhein, Mosel, Ahr, Nahe und Lahn.
Vorkommen in Vogelschutzgebieten:
Gefährdungen:
- Verringertes Nahrungsangebot durch Ausräumung der Landschaft, Zerstörung und Eutrophierung ursprünglich insektenreicher Kulturlandschaft;
- Eingriffe in Altholzbestände, kurze Umtriebszeiten, Verringerung des Laubholzanteils;
- Störungen an den Brutplätzen durch Forstarbeiten, Jagsbetrieb und Freizeitnutzung;
- Intensive Verfolgung auf dem Zug.
Empfehlungen zum Schutz und zur Förderung der Art:
- Erhaltung und Regeneration vielfältiger grenzlinienreicher Laub- und Nadelmischwälder mit hohem Altholzanteil;
- Möglichst lange Umtriebszeiten bei Buchen und Eichen;
- Vermeidung der Zerschneidung von Wäldern durch Verkehrstrassen;
- Wiederherstellung bzw. Erhaltung abwechslungsreich gegliederter Waldrandzonen und Kulturlandschaften (Nahrungsareal); besonders bedeutsam sind sonnenexponierte Lagen;
- International: Besserer Schutz auf den Zugwegen und Verfolgung illegaler Bejagung.
Literatur:
Bauer, H.-G. & P. Berthold (1996): Die Brutvögel Mitteleuropas – Bestand und Gefährdung. – Aula-Verlag, Wiesbaden.
Bay. Landesamt für Umweltschutz: Erhaltungsziele für die Arten der VS-RL: Wespenbussard – Pernis apivorus.
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Bezzel, E. (1995): BLV-Handbuch Vögel. – BLV, München.
Bosselmann, J. (2004): Die Vogelwelt in Rheinland-Pfalz – Tauchenten bis Trappen. – Pflanzen und Tiere in Rheinland-Pfalz, Sonderheft VII. – Mayen.
Braun, M., Kunz, A. & L. Simon (1992): Rote Liste der in Rheinland-Pfalz gefährdeten Brutvogelarten (Stand 31.06.1992). – Fauna Flora Rheinland-Pfalz 6: 1065-1073.
Dietzen, C. & V. Schmidt (2002): Ornithologischer Sammelbericht 2001 für Rheinland-Pfalz. – Fauna Flora Rheinland-Pfalz, Beiheft 27.
Dietzen, E., Folz, H.-G. & E. Henß (2004): Ornithologischer Sammelbericht 2003 für Rheinland-Pfalz. – Fauna Flora Rheinland-Pfalz, Beiheft 32.
Dietzen, E., Folz, H.-G., Henß, E., Eislöffel, F., Jönck, F., Hof, M. & C. Hof (2003): Ornithologischer Sammelbericht 2002 für Rheinland-Pfalz. – Fauna Flora Rheinland-Pfalz, Beiheft 30.
Flade, M. (1994): Die Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands – Grundlagen für den Gebrauch vogelkundlicher Daten in der Landschaftsplanung. – IHW, Eching.
Glutz v. Blotzheim, U. N., Bauer, K. M. & E. Bezzel (1971): Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Bd. 4 (Falconiformes). – Aula-Verlag, Wiesbaden.
Kostrzewa, A. & G. Speer (1995): Greifvögel in Deutschland. – Aula-Verlag, Wiesbaden.
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Kunz, A. & L. Simon (1987): Die Vögel in Rheinland-Pfalz – Eine Übersicht. – Naturschutz und Ornithologie in Rheinland-Pfalz 4, 3: 353-657, Landau.
Mebs, T. (1994): Greifvögel Europas – Biologie, Bestandsverhältnisse, Bestandsgefährdung. – Stuttgart.
Rheinwald, G. (1993): Atlas der Verbreitung und Häufigkeit der Brutvögel Deutschlands – Kartierung um 1985. – Schriftenreihe des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten Nr. 12. – Rheinischer Landwirtschaftsverlag, Bonn.
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