a030 - Schwarzstorch (Ciconia nigra) | VSG-Arten in RLP

Steckbrief zur Art A030 der Vogelschutz-Richtlinie

Schwarzstorch (Ciconia nigra)

Status und Häufigkeit:

Anhang I Gefährdeter Durchzügler Rote Liste D (2015) Rote Liste RLP (2014) Erhaltungszustand
x - * *
Status RLP Bestand D Bestand RLP Bestandsentwicklung RLP
Regelmäßiger Brutvogel; verlässt das Brutgebiet im Winterhalbjahr; Durchzügler 650 – 750 Brutpaare 45 – 60 Brutpaare zunehmend

Kennzeichen:

Länge 95 – 100 cm, Spannweite 165 – 180 cm. Ein waldbewohnender Storch, der in Mitteleuropa vor allem im Osten verbreitet ist. Das vorwiegend schwarze Erscheinungsbild mit dem kontrastierenden weißen Bauch macht ihn fast unverwechselbar. Wirkt im Flug etwas urtümlich, weil das weiße Dreieck, das von der Rumpfunterseite und den Achselfedern gebildet wird, vom restlichen dunklen Gefieder deutlich absticht. Nutzt wie der Weißstorch auf dem Zug Aufwinde und Thermiken, bildet aber gewöhnlich viel kleinere Trupps. Weniger gesellig als Weißstorch; brütet in Einzelpaaren auf großen Bäumen, selten an Felsklippen. Schnabel, Beine und nackte Haut um das Auge sind zur Brutzeit karminrot. Jungvögel sind gegenüber den Altvögeln insgesamt mehr braun und matter gefärbt, besonders an Kopf und Hals. Ihr Bauch ist jedoch bereits reinweiß und kontrastreich abgesetzt wie bei Altvögeln. Schnabel, Beine und Orbitalbereich sind bei Jungen graugrün, die Schnabelbasis ist orangegelb, die Schenkel sind gelblich. Im Gegensatz zum weitgehend stummen Weißstorch verfügt der Schwarzstorch über verschiedene melodische Rufe, er ist außerhalb des Nestbereiches aber ebenfalls meist schweigsam.

Lebensraum:

Der Schwarzstorch ist ein typischer Waldbewohner und Indikator für störungsarme, altholzreiche Waldökosysteme. Die Brutgebiete liegen überwiegend in großflächigen, strukturreichen und ungestörten Waldgebieten der Mittelgebirge mit eingestreuten aufgelichteten Altholzbeständen (insbesondere Buche und Eiche). Zur Nahrungssuche nutzt die Art abwechslungsreiche Feuchtgebiete, d.h. fischreiche Fließgewässer und Gräben, Bruchwälder, Teichgebiete sowie Nass- und Feuchtwiesen. Der Horst, der durch eine natürliche Anflugschneise (ungenutzte Wege, alte Schneisen) gedeckt angeflogen werden kann, befindet sich in der Regel in altem Baumbestand. Der Horstbaum weist häufig ein geschlossenes Kronendach und starke Seitenäste auf, wobei oft die unteren in Stammnähe zum Horstbau genutzt werden. Neben der Großflächigkeit des Waldgebietes, die allerdings nicht der ausschlaggebende Faktor zu sein scheint, sind offensichtlich vor allem relative Ruhe und Ungestörtheit sowie gut erreichbare Nahrungsgründe für die Brutgebietsauswahl relevant.

Biologie und Ökologie:

Langstreckenzieher mit Winterquartier überwiegend in Südwest-Afrika. Der Heimzug vollzieht sich von Anfang März bis Mitte Mai, die Ankunft an den Brutplätzen findet Mitte März bis Mitte April statt (überwiegend Ende März). Der Wegzug beginnt Mitte Juli bis Ende September (vor allem August). Rastansammlungen sind vor allem in Flachwassergebieten (überflutete Flussauen, Fischteiche, gelegentlich Kleingewässer) anzutreffen. 

Das sehr große Nest wird in der Regel auf alten, großkronigen Bäumen angelegt (Buche, Eiche, seltener Nadelbäume), der Legebeginn liegt Mitte April. Das Flüggewerden der Jungvögel ist bis Anfang August möglich, findet überwiegend jedoch Mitte Juli statt. Durchschnittlich 2 – 3 (selten 4 bzw. 5) flügge Junge je erfolgreichem Paar. Nahrung: v. a. Fische, Amphibien, Wasserinsekten, seltener Kleinsäuger und Reptilien.

Fluchtdistanz 300 – 500 m. Nestrevier 1 – 5 km²; Nahrungsrevier bis 100 km² (sehr hoher Raum­an­spruch). Nahrungsflüge sind bis in Entfernungen von 15 km vom Neststandort nachgewiesen.

Verbreitung in Rheinland-Pfalz:

Verbreitungsgebiet des Schwarzstorchs sind Süd- und Osteuropa und das südliche Asien. Ein kleiner isolierter Brutbestand besteht in Südafrika. In Mitteleuropa ist er vor allem im Osten verbreitet. Die Schwerpunkte liegen hier in Nordostpolen und im Baltikum mit einer stetigen Verlagerung der Verbreitungsgrenze nach Westen sowie der Besiedelung neuer Arealteile.

Bereits um die Jahrhundertwende (19./20. Jh.) war der Schwarzstorch in den meisten Brutgebieten Westdeutschlands ausgerottet. Intensive Artenschutzmaßnahmen führten zur Wiederbesiedlung zunächst Hessens ab Mitte der 1970er Jahre (hier wurden ab 1982 regelmäßig Bruten festgestellt) und in der Folge auch von Rheinland-Pfalz. Seither hat eine kontinuierliche Bestandszunahme stattgefunden. Im vorletzten Jahrhundert hat die Art im Westerwald gebrütet. Seit Mitte der 1980er Jahre hat sie von Osten her ihr altes Areal wiederbesiedelt. Heute brüten die meisten Schwarzstörche im Norden des Landes (insbesondere in der Eifel, im Oberwesterwald, an der Sieg und im Hunsrück).

Gefährdungen:

  • Eine der bedeutendsten Gefährdungsursachen in den Brutgebieten ist die Kollision mit Mittel- und Niederspannungsleitungen sowie der Stromschluss an nicht gesicherten Masttypen (Abspannmaste, Maste mit Stützisolatoren);
  • Störungen an den Horstplätzen während der Brutzeit mit z. T. direkter Auswirkung auf den Bruterfolg durch Personen (z. B. Wanderer, Hobbyfotografen, Jäger, Reiter) in weniger als 100 m Entfernung vom Horst oder forstliche Maßnahmen in weniger als 300 m Entfernung;
  • Errichtung von Windkraftanlagen im Umfeld von Schwarzstorchrevieren;
  • Verluste durch Anflug an Stacheldraht im Bereich von Fließgewässern, die als Viehtränke eingezäunt sind;
  • Kalkungsflüge im Horstbereich während der Brutzeit;
  • Heißluftballonfahrten und Flugbewegungen dicht über den Brutgebieten;
  • Übermäßige Walderschließung;
  • Waldumbau; übermäßiger Einschlag von Althölzern, kurze Umtriebszeiten, Aufforstung mit Nadelhölzern;
  • Zuwachsen von Waldwiesen infolge Nutzungsaufgabe;
  • Illegaler Fallenfang;
  • Verluste durch Abschuss oder Fang auf dem Zug und im Winterquartier in Südeuropa und Afrika.

Empfehlungen zum Schutz und zur Förderung der Art:

  • Schaffen eines Netzwerkes geeigneter Brut- und Nahrungsgebiete mit strengem Schutz vor Störungen und Verfolgung durch den Menschen;
  • Entschärfung von Stromleitungen (Erdverkabelung) sowie Isolation gefährlicher Masttypen;
  • Berücksichtigung von Schwarzstorchvorkommen bei der Planung von Windkraftanlagenstandorten; Einhalten von Abstandsflächen;
  • Fernhaltung von Störungen im Horstumfeld (etwa 300 m) im Zeitraum von Anfang März bis Ende August, Regelungen für die Brennholzwerbung;
  • Erhaltung des Gebietscharakters und der Waldstruktur in unmittelbarer Horstnähe;
  • Erhalten von stehendem Totholz im direkten Horstumfeld als Ruheplatz;
  • Sperren von Waldwegen, die in unmittelbarer Nähe zu besetzten Horsten verlaufen, im Zeitraum von Anfang März bis Ende August;
  • Offenhaltung von Waldwiesen durch extensive Nutzung;
  • Gewässerschutz, keine Stacheldrähte (Viehweide) über Fließgewässern, Schaffung von Gewässerrandstreifen;
  • Rücksichtnahme der Jagdausübenden in Schwarzstorchrevieren, keine jagdlichen Einrichtungen in Horstnähe;
  • Öffentlichkeitsarbeit, Information;
  • Entwicklung eines landesweiten Horstbetreuernetzes;
  • Verbesserung der hydrologischen Situation und Erhöhung der Anzahl von Kleingewässern im Brutgebiet;
  • Verhinderung der Zunahme menschlicher Störungen in Brutrevieren (z. B. Freizeitnutzung, starke Frequentierung von Waldwegen in der Horstschutzzone).

Literatur:

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Stand: 17.02.2016