a022 - Zwergdommel (Ixobrychus minutus) | VSG-Arten in RLP

Steckbrief zur Art A022 der Vogelschutz-Richtlinie

Zwergdommel (Ixobrychus minutus)

Status und Häufigkeit:

Anhang I Gefährdeter Durchzügler Rote Liste D Rote Liste RLP Erhaltungszustand
x - 2 1
Status RLP Bestand D Bestand RLP Bestandsentwicklung RLP
Regelmäßiger Brutvogel; verlässt das Brutgebiet im Winterhalbjahr; Durchzügler 220 – 290 Brutpaare 0 – 4 Brutpaare stark abnehmend

Kennzeichen:

Länge 33 38 cm, Spannweite 52 58 cm. Die Zwergdommel ist der kleinste in unserer Region vorkommende Reiher. Aufgrund der geringen Größe und der hellen Flügelfelder, die besonders bei adulten Männchen auffallen, ist sie kaum zu verwechseln. Sehr versteckte Lebensweise, geht in dichter wasserbegleitender Vegetation auf Nahrungssuche und klettert oft an Schilfstängeln oder in wassernahem Gebüsch. Größte Aktivität in der Morgen- und Abenddämmerung, fliegt dann in typisch niedrigem Flug über Schilfflächen. Startet etwas schwerfällig mit herabhängenden Beinen, der Streckenflug ist jedoch recht kräftig mit schnellen, flachen und leicht ruckartigen Schlägen der runden Flügel und mit längeren Gleitphasen. Nimmt bei Gefahr die für Dommeln typische „Pfahlstellung“ ein, wobei Hals, Kopf und Schnabel senkrecht nach oben gerichtet werden. 

Weibchen recht ähnlich Männchen, schwarze Gefiederbereiche der Männchen bei adulten Weibchen dunkelbraun, Mantelfedern hellisabellfarben gesäumt; Unterseite kräftiger dunkel gestreift, innere Armdecken dunkler. Flügelbug und innere große Armdecken leicht rötlichbraun getönt. Gesichtshaut und Schnabelansatz können sich zur Brutzeit zeitweise orangerot oder rot verfärben. Jungvögel deutlich verschieden: Im Vergleich mit Weibchen insgesamt mehr rötlichbraun und ober- und unterseits kräftig braun gestreift. Das dunkle Streifenmuster auf den inneren Armdecken lässt das helle Flügelfeld viel weniger hervortreten. Die unbefiederten Partien sind matter gefärbt. 

Reviergesang des Männchens zur Brutzeit ist ein tiefes, gedämpftes, aber weittragendes „huu“ oder „gruuk“, das alle zwei Sekunden wiederholt wird, oft über längere Zeit. Flugruf (oft beim Aufscheuchen zu hören) ist ein tiefes „ker“ oder ein kehliges „ker-ak“. Bei Erregung ein lautes, heiseres „eck eck eck“.

Lebensraum:

Die Zwergdommel brütet z. T. kolonieartig in den Verlandungszonen von Seen und Altwässern, an schilf­reichen Flussufern, Dorf- und Fischteichen, in Auwäldern und Sümpfen, wobei auch sehr kleine Schilfflächen mit ausreichender Deckung angenommen werden. Sie ist eine ausgeprägte Vogelart der Niederungen, die von ihr besiedelten Schilfgürtel sind mindestens 2, oft mehr als 10 m breit.

Biologie und Ökologie:

Die Zwergdommel jagt meist vom Ansitz aus, indem sie etwas über dem Wasser auf Halmen und Ästen sitzt. Außerordentlich lange Zehen befähigen sie zum Klettern im Gewirr der Halme.

In Mitteleuropa Langstreckenzieher, der Abzug im August und September ist variabel und orientiert sich zwischen den Abzugsrichtungen SSW und SO. Das Winterquartier befindet sich in Afrika südlich der Sahara, besonders Ost- und Süd-Afrika. Wenige Winternachweise liegen aus Süd- und West-Europa vor. Der Heimzug findet im April und Mai statt, wobei die mehrjährigen Vögel vor den jüngeren Individuen und die Männchen vor den Weibchen eintreffen.

Nest aus dürren Zweigen und Halmen, meist im Röhricht und in der Regel dicht über dem Wasser. Die (4) 5 6 (9) glanzlosen, weißen Eier werden im Mai und Juni gelegt. Meist eine Jahresbrut, in Ausnahmefällen sind zwei nachgewiesen. Brutdauer 17 19 Tage, Bebrütungsbeginn ab dem zweiten oder dritten Ei, weshalb oft ein auffälliger Größenunterschied zwischen den Jungen festzustellen ist. Die Jungvögel können bei Gefahr mit 5 7 Tagen das Nest verlassen, tun dies ohne Störung aber erst mit 17 oder 18 Tagen. Kletterfähigkeit ist ab 8 10 Tagen feststellbar.

Als Nahrung dienen Fische, Insekten und deren Präimaginalstadien, Frösche und Kaulquappen, Würmer, Mollusken, aber auch Jungvögel.

Flächenbedarf zur Brutzeit 0,2 bis 3 ha für Einzelpaare.

Fluchtdistanz
: Besonders empfindlich gegenüber Störungen während des Nestbaus, Fluchtdistanz sonst 10 bis 50 m.

Verbreitung in Rheinland-Pfalz:

Früher weit, heute lückenhaft verbreitet, vereinzelt bis in die Mittelgebirgslagen von Europa (ohne regelmäßige Bruten in Großbritannien und Irland sowie Skandinavien) bis nach West-Sibirien bis 56° Nord; außerdem Nord-Afrika und Süd-Iran sowie südlich der Sahara bis Süd-Afrika. Isolierte Populationen in Madagaskar und Australien.

In Deutschland gewisse Schwerpunkte im Osten und Süden, in Rheinland-Pfalz liegt der Schwerpunkt in der Oberrheinebene.

Gefährdungen:

  • Der Bestandseinbruch seit den 1950er Jahren ist nicht vollständig geklärt, aber die Ursachen liegen nicht nur in den Brut-, sondern auch in den Rast- und Überwinterungsgebieten (eventuell infolge großer Dürre austrocknende Seen);
  • Wichtigster Gefährdungsfaktor im Brutgebiet: Lebensraumverlust durch
    • Zerstörung bzw. Rückgang der Ufervegetation infolge Verbauung, Angel- und Badebetrieb;
    • Intensivere Nutzung wie häufige Schilfmahd, veränderte Fischbewirtschaftung;
    • Verlandung von Flachwasserzonen, z.B. aufgrund von Entwässerung, Grundwasserabsenkung oder Flussbegradigung;
    • Eutrophierung (Wassertrübung durch Algenblüte; Veränderung des Nahrungsangebotes);
  • Trockenjahre (z. B. Bodensee 1972);
  • Mögliche Nahrungsengpässe durch Besatz mit ungeeigneten Altersklassen von Fischen;
  • Fehlen geeigneter Brutplätze im Röhricht.

Empfehlungen zum Schutz und zur Förderung der Art:

  • Im Brutgebiet Erhaltung und Neugestaltung geeigneter Lebensräume, wobei ein Mindestwasserstand sowie Altschilfbestände mit freien Wasserflächen und geschützten Uferabschnitten als Ruhe- und Beruhigungszonen gesichert sein sollten; 
  • Schutz von aktuell und früher besetzten Brutplätzen.

Literatur:

Bauer, H.-G. & P. Berthold (1996): Die Brutvögel Mitteleuropas – Bestand und Gefährdung. – Aula-Verlag, Wiesbaden.

Bay. Landesamt für Umweltschutz
: Erhaltungsziele für die Arten der VS-RL: Zwergdommel – Ixo­bry­chus minutus.

Beaman, M. & S. Madge (1998):
Handbuch der Vogelbestimmung: Europa und Westpalaearktis. – Ulmer Verlag, Stuttgart. 

Bezzel, E. (1985):
Kompendium der Vögel Mitteleuropas – Nonpasseriformes. – Aula-Verlag, Wiesbaden.

Bezzel, E. (1995):
BLV-Handbuch Vögel.    BLV,  München.

Bosselmann, J.
(2003): Die Vogelwelt in Rheinland-Pfalz – Seetaucher bis Enten. – Pflanzen und Tiere in Rheinland-Pfalz, Sonderheft VI. – Mayen.

Braun, M., Kunz, A. & L. Simon
(1992): Rote Liste der in Rheinland-Pfalz gefährdeten Brutvogelarten (Stand 31.06.1992). – Fauna Flora Rheinland-Pfalz 6: 1065-1073.

Dietzen, C. & V. Schmidt
(2002): Ornithologischer Sammelbericht 2001 für Rheinland-Pfalz. – Fauna Flora Rheinland-Pfalz, Beiheft 27.

Dietzen, E., Folz, H.-G. & E. Henß (2004):
Ornithologischer Sammelbericht 2003 für Rheinland-Pfalz. – Fauna Flora Rheinland-Pfalz, Beiheft 32.

Dietzen, E., Folz, H.-G., Henß, E., Eislöffel, F., Jönck, F., Hof, M. & C. Hof
(2003): Ornithologischer Sammelbericht 2002 für Rheinland-Pfalz. – Fauna Flora Rheinland-Pfalz, Beiheft 30.

Flade, M.
(1994): Die Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands – Grundlagen für den Gebrauch vogelkundlicher Daten in der Landschaftsplanung. – IHW, Eching.

Heimer, W.
(2000): Zwergdommel – Ixobrychus minutus. – In: Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (Hrsg.) (1993-2000): Avifauna von Hessen, 4. Lieferung.

Höllgärtner
, M. (2004): Bericht zur Erfassung von Purpurreiher (Ardea purpurea), Zwergdommel (Ixobrychus minutus) und Drosselrohrsänger (Acrocephalus arundinaceus) in der Oberrheinebene von Rheinland-Pfalz 2002/2003. – Fauna Flora Rheinland-Pfalz, Beiheft 32: 265-274.

Kunz, A. & C. Dietzen (2002):
Die Vögel in Rheinland-Pfalzeine aktuelle Artenliste (Stand 01.12.2002). – Fauna Flora Rheinland-Pfalz, Beiheft 28: 207-221, Landau. 

Kunz, A. & L. Simon (1987):
Die Vögel in Rheinland-Pfalz – Eine Übersicht. – Naturschutz und Ornithologie in Rheinland-Pfalz 4, 3: 353-657, Landau. 

Rheinwald
, G. (1993): Atlas der Verbreitung und Häufigkeit der Brutvögel Deutschlands – Kartierung um 1985. – Schriftenreihe des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten Nr. 12. – Rheinischer Landwirtschaftsverlag, Bonn.

Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland
(2002): Artensteckbriefe zu den Zielarten der Vogelschutzrichtlinie. – Frankfurt/M. 

Svensson, L., Grant, P., Mullarney, K. & D. Zetterström
(1999): Der neue Kosmos-Vogelführer. – Stuttgart.

Stand: nicht vorhanden