6179 - Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous) | FFH-Arten in RLP

Steckbrief zur Art 6179 der FFH-Richtlinie

Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous)

Gruppe:

Schmetterlinge

Merkmale:

Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling, auch unter dem Namen Schwarzblauer Moorbläuling bekannt, erreicht eine Flügelspannweite von etwa 3,5 Zentimetern. Beim Männchen ist die Flügeloberseite dunkelblau (bestäubt) mit einem breiten dunklen Rand. Die Flügeloberseite des Weibchens ist einheitlich schwarzbraun gefärbt. Auf den bei beiden Geschlechtern grau- bis hellbraun gefärbten Flügelunterseiten verläuft eine einzige geschwungene Reihe brauner, weiß umrandeter Punkte.

Lebensraum:

Lebensraum von Maculinea nausithous sind vor allem wechselfeuchte, ein- bis zweischürige magere Wiesen in Fluss- und Bachtälern sowie deren jüngere Brachestadien mit Vorkommen des Großen Wiesenknopfes (Sanguisorba officinalis) und Bauten der Rotgelben Knotenameise Myrmica rubra. Anders als der in den gleichen Lebensräumen beheimatete Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea teleius) besiedelt der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling auch kleinräumige, trockenere Saumbiotope wie Böschungen oder Säume an Wegen und Gräben. Zu feuchte oder regelmäßig überflutete Standorte werden meist gemieden.

Biologie und Ökologie:

Die Eiablage erfolgt zur Flugzeit der Falter im Juli und August ausschließlich einzeln oder in kleinen Gruppen in bereits rot gefärbte, ältere Blütenköpfe der Wirtspflanze Großer Wiesenknopf. Diese Blüten dienen als Balz- und Schlafplatz, zur Eiablage und Nektaraufnahme.

Nach durchschnittlich 8 Tagen schlüpfen die Larven aus den Eiern, bohren sich in die Blütenköpfe und fressen sie aus. Ab ungefähr Ende August verlassen die Raupen im 3. Larvenstadium ihre Wirtspflanze und werden am Boden von Rotgelben Knotenameisen eingesammelt und in deren Nester getragen. Diese Ameisenart bildet keine Nesthügel wie die großen Waldameisen, sondern lebt im Boden.

In den Ameisennestern ernähren sich die Raupen des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings bis zu ihrer Verpuppung im darauf folgenden Frühjahr parasitisch von der Ameisenbrut. Drüsensekrete der Raupe sorgen dafür, dass sie von den Ameisen gepflegt wird. Raupen-Pheromone sorgen darüber hinaus für den richtigen Nestgeruch.

In jedem Ameisenbau können sich bis zu vier Schmetterlingsraupen entwickeln. Nach etwa 330 Tagen Larven- und 25 Tagen Puppenphase schlüpft der Falter. Dieser hat eine Lebenserwartung von circa 10 Tagen.

Die Falter ernähren sich nicht wie die jungen Raupen ausschließlich, aber doch überwiegend vom Großen Wiesenknopf. Darüber hinaus wurden sie vereinzelt auch an Blutweiderich (Lythrum salicaria), Distelarten (Cirsium spec.) oder Wasserdost (Eupatorium cannabinum) bei der Nektaraufnahme beobachtet.

Maculinea nausithous wird als standorttreue Art eingeschätzt. Auch auf relativ kleinen Wiesen kann der Falter hohe Populationsdichten erreichen. Dabei wird die Größe der Population deutlich von der Anzahl der Ameisenbauten bestimmt. Finden die Ameisen keine günstigen Lebensbedingungen vor, wirkt sich dies auch auf die Vorkommen des Bläulings nachteilig aus.

Verbreitung in Rheinland-Pfalz:

Rheinland-Pfalz beherbergt wesentliche Anteile der europäischen Population des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings. Schwerpunkte der Vorkommen sind der Westerwald und das Nordpfälzer Bergland. Größere Vorkommen existieren außerdem in der Westpfälzer Moorniederung und im Oberrhein-Tiefland, kleinere Vorkommen im Ahrtal, im Brohlbachtal und im östlichen Hunsrück.

Gefährdungen:

Hauptgefährdungsursachen für diese Schmetterlingsart sind der Verlust oder die Entwertung geeigneter Lebensräume. Neben Totalverlust durch Bebauung, Umbruch oder Aufforstung sind dies vor allem Nutzungsintensivierung oder längerfristige Nutzungsaufgabe des wechselfeuchten Grünlands. Alle Veränderungen, die die Verdrängung der Wirtspflanze Großer Wiesenknopf nach sich ziehen und die Wirtsameise der Möglichkeit berauben, Bodennester anzulegen, führen auch zum Rückgang der Bläulingspopulationen.

Negative Einflüsse sind Trockenlegung, längere Überstauung, eine mehr als zweischürige Nutzung feuchter Wiesen und ungünstige Mahdzeitpunkte im Juli und August, intensive Beweidung, Bodenverdichtungen durch den Einsatz schwerer Maschinen, zu tiefer Grasschnitt, Düngung und Herbizideinsatz sowie die Aufgabe der historischen Streuwiesennutzung. Gleiches gilt für die Unterhaltung beziehungsweise Sanierung von Graben- und Uferrändern, Deichen, Böschungen, Straßen- und Wegrändern. Eine Vergrößerung von Schlägen führt darüber hinaus zu einer Verringerung der Strukturvielfalt, wodurch die Rotgelbe Knotenameise die Möglichkeit zur Anlage ihrer Erdnester verliert.

Schutzmaßnahmen:

Wesentlich für Schutz und Förderung von Maculinea nausithous ist eine extensive Grünlandnutzung, welche die Anforderungen der Art an ihren Lebensraum und ihren spezifischen Lebenszyklus berücksichtigt. Ein Wiesenmanagement in Zusammenarbeit mit den örtlichen Landwirten ist anzustreben. Nutzungsänderungen oder Flächeninanspruchnahmen durch konkurrierende Vorhaben sollten im Bereich von Bläulingsvorkommen unterbleiben.

Der Schlüsselfaktor zum Aufbau reproduktionsfähiger Populationen ist die Anzahl der verfügbaren Ameisennester und deren Lage zu den Eiablagepflanzen, wobei eine große Anzahl von Ameisenbauten und eine enge räumliche Verzahnung von Raupenfutterpflanze und Ameisenbau vorteilhaft ist. Um ausreichende Möglichkeiten zur Anlage von Ameisenbauten zu garantieren, müssen Habitat sichernde Maßnahmen zu einer möglichst hohen Strukturvielfalt führen. Eine zeitlich versetzte Mahd von Teilabschnitten, verschieden hohe Niveaus des Mähbalkens, die zu leichteren Bodenverwundungen führen sollen, die Anlage von Übergangsbereichen zu anderen Biotopen oder unterschiedliche Geländeniveaus führen zu einem heterogenen Nutzungsmosaik. Dieses ermöglicht an unterschiedlichen Orten die Anlage von Ameisenbauten und eine differenzierte Verteilung der Bestände von Sanguisorba officinalis und sichert einen Lebensraumverbund.

Teile der Populationen dieser an sich standorttreuen Art sind bei Vorhandensein geeigneter Trittsteine und Verbundstrukturen zu Austauschbeziehungen mit wenige Kilometer auseinander liegenden Lebensräumen in der Lage. Erschwert werden solche Austauschbeziehungen durch Barrieren wie sie beispielsweise durch Aufforstungen entstehen können.

Ebenso wichtig ist ein ausreichendes Angebot an Sanguisorba officinalis als Raupenfutter- und Nektarpflanze. Dies bedeutet, dass der Mahdzeitpunkt in Lebensräumen der Art die Entwicklung dieser Pflanzenart optimal unterstützen und den Raupen ausreichend Entwicklungszeit für ihren Abtransport in die Ameisenbauten zugestehen sollte. Eine späte Mahd nicht vor (Mitte) September ist daher günstig. Eine mögliche zweite frühe Mahd sollte vor Anfang Juni erfolgen. Eine zeitlich versetzte Mahd von Teilabschnitten und Saumstrukturen sowie höherer Grasschnitt sind förderlich.

Eine Reduzierung von Nähr- und Schadstoffeinträgen, der Verzicht auf Biozide und ein stabiler Wasserhaushalt sollten ebenfalls sichergestellt sein.

Hier die auffälligsten Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede von
Maculinea nausithous und Maculinea teleius im Überblick:


 

Maculinea nausithous

Maculinea teleius

Äußere Merkmale

1 Reihe dunkler Punkte auf der Flügelunterseite; dunkler gefärbt als M. teleius

2 Reihen dunkler Punkte auf der Flügelunterseite; deutlich heller gefärbt als M. nausithous

Flugzeit

Juli und August

Besiedelte Biotope

Extensiv genutzte, strukturreiche Feucht- und Nasswiesen mit Vorkommen des Großen Wiesenknopfes

Besiedelt auch kleinräumigere Biotope und trockenere Lebensräume

Biotope stets großflächig und feucht

Raupenfutterpflanze

Rote, ältere Blütenköpfe des Großen Wiesenknopfes

Grüne, junge Blütenköpfe des Großen Wiesenknopfes

Wirtsameise

Myrmica rubra; bis zu 4 Raupen je Ameisenbau

Myrmica scabrinodis; meist 1 Raupe je Ameisenbau

Gefährdungsursachen

Bebauung, Umbruch, Aufforstung, Trockenlegung, Intensivierung der Nutzung, Nutzungsaufgabe

Schutzmaßnahmen

Extensive Grünlandnutzung, Schaffung eines heterogenen Nutzungsmosaiks, keine Mahd zwischen Juni und (Mitte) September

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Stand: 23.10.2014