6177 - Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea teleius) | FFH-Arten in RLP

Steckbrief zur Art 6177 der FFH-Richtlinie

Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea teleius)

Gruppe:

Schmetterlinge

Merkmale:

Der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling ist auch unter dem Namen Großer Moorbläuling bekannt. Seine Flügelspannweite misst etwa 3,5 bis 4 Zentimeter. Die Flügeloberseite der Männchen ist silbrig hellblau gefärbt mit einigen deutlichen schwarzen Flecken. Entlang der Flügelränder verläuft ein dunkles Band, das außen von weißen Fransen gesäumt wird. Die Flügeloberseite der Weibchen ist ähnlich, aber von schwarzbrauner Grundfärbung mit einer leicht graublauen Überstäubung. Bei beiden Geschlechtern sind die Unterseiten der Flügel hell graubraun gefärbt. Das Erscheinungsbild von Maculinea teleius ähnelt dem des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings (Maculinea nausithous), jedoch ist die Färbung von Maculinea teleius deutlich heller und die dunklen, weiß umrandeten Punkte auf den Flügelunterseiten sind in zwei geschwungenen Reihen angeordnet, während der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling nur eine Reihe Punkte trägt.

Lebensraum:

Maculinea teleius besiedelt großflächige, strukturreiche, extensiv genutzte Feucht- und Nasswiesen mit reichlichen Vorkommen des Großen Wiesenknopfes (Sanguisorba officinalis) und Nestern der Trockenrasen-Knotenameise Myrmica scabrinodis, welche im Entwicklungszyklus dieser Schmetterlingsart eine wesentliche Rolle spielt. Die Extensivnutzung der Wiesen ist bei dieser Falterart von noch grundlegenderer Bedeutung als beim Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling, der die gleichen Lebensräume bewohnt. Die Habitate dürfen außerdem feuchter sein.

Ein weiteres wichtiges Element im Lebensraum sind Saumstrukturen mit blütenreichen Vorkommen zum Beispiel der Vogelwicke (Vicia cracca) als Nektarpflanze.

Biologie und Ökologie:

Maculinea teleius fliegt im Juli und August. Die Eiablage erfolgt ausschließlich einzeln tief in die jungen, noch grünen Blütenköpfe des Großen Wiesenknopfs. Die Blütenköpfe dienen als Raupenfutterpflanze und den Faltern als Balz- und Schlafplatz und zur Nektaraufnahme. Bis etwa Mitte September verlässt die Raupe die Blüten und wird am Boden von ihrer Wirtsameise, der Knotenameisenart Myrmica scabrinoides, "adoptiert", bei der sie ab dem 4. Larvenstadium überwintert.

Einmal im Ameisennest untergebracht, wird sie von diesen wie die eigene Brut gepflegt und frisst Ameisenlarven und -puppen. Auslöser des Pflegeverhaltens ist offenbar ein Sekret der Bläulingsraupen, das von den Ameisen aufgeleckt wird. Darüber hinaus ist die Raupe in der Lage, den Nestgeruch der Ameisen zu imitieren.

Meist findet sich pro Ameisenbau nur eine Falterpuppe, nur selten auch einmal zwei. Nach etwa 330 Tagen Larven- und 25 Tagen Puppenphase schlüpft der Falter, der dann noch etwa 10 Tage lebt.

Während die junge Raupe sich ausschließlich vom Großen Wiesenknopf ernährt, nutzt der Falter zur Nektaraufnahme außerdem vor allem die Vogelwicke (Vicia cracca) und den Blutweiderich (Lythrum salicaria).

Verbreitung in Rheinland-Pfalz:

Rheinland-Pfalz beherbergt wie auch bei Maculinea nausithous wesentliche Anteile der europäischen Population von Maculinea teleius. Schwerpunkt seiner Verbreitung ist der Westerwald. Kleinere Vorkommen finden sich in Süd- und Vorderpfalz. In Deutschland ist der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling deutlich seltener als sein Verwandter Maculinea nausithous. Große und bedeutende deutsche Vorkommen gibt es noch in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen.

Gefährdungen:

Der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling reagiert noch empfindlicher auf Nutzungsänderungen des wechselfeuchten Grünlands als der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling. Verschlechtern sich die Existenzbedingungen für die Wirtsameise, die die etwas trockeneren Standorte mit kurzrasiger, lückiger Vegetation und kleinräumigem Relief, oft im Bereich der Säume, zur Anlage ihrer Bodennester bevorzugt, so ist auch die Existenz des Falters gefährdet. Gleiches gilt für Veränderungen, welche die Verdrängung der Wirtspflanze Großer Wiesenknopf nach sich ziehen.

Hauptgefährdungsursachen sind Trockenlegung, eine mehrschürige Nutzung feuchter Wiesen und ungünstige Mahdzeitpunkte im Juli und August, eine intensive Beweidung, Bodenverdichtungen durch den Einsatz schwerer Maschinen, zu tiefer Grasschnitt, Düngung und Herbizideinsatz sowie die Aufgabe der historischen Streuwiesennutzung.

Düngung beispielsweise führt zu einem dichten Wuchs der Vegetation. Wie auch bei einer Nutzungsaufgabe mit nachfolgender Verbrachung wird die Wirtsameise wegen zunehmender Beschattung solche Flächen meiden und keine Erdbauten mehr anlegen. Auch bei Bodenverdichtungen ist dies nicht möglich.

Aufforstung der Wiesen, Umbruch und Siedlungserweiterungen führen zu einem Totalverlust der Lebensräume.

Schutzmaßnahmen:

Nutzungsänderungen oder Flächeninanspruchnahmen durch konkurrierende Vorhaben sollten im Bereich von Bläulingsvorkommen unterbleiben.

Zur Förderung von Maculinea teleius bedarf es eines großflächigen Nutzungsmosaiks von möglichst großer Strukturvielfalt und mit ausreichenden Larven- und Falterhabitaten. Dies ist nur durch eine extensive Grünlandnutzung zu gewährleisten. Ein Wiesenmanagement in Zusammenarbeit mit den örtlichen Landwirten ist anzustreben.

Schlüsselfaktor zum Aufbau von reproduktionsfähigen Populationen des Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläulings ist die Anzahl der verfügbaren Ameisennester und deren Lage zu ausreichenden Vorkommen des Großen Wiesenknopfes als Eiablage- und Raupenfutterpflanze. Dabei ist eine große Anzahl von Ameisenbauten und eine enge räumliche Verzahnung von Raupenfutterpflanze und Ameisenbau vorteilhaft.

Eine zeitlich versetzte Mahd von Teilabschnitten, unterschiedlich hohe Niveaus des Mähbalkens mit leichteren Bodenverwundungen, die notwendig zur Anlage von Ameisenbauten sind, und die Anlage von Übergangsbereichen und Saumstrukturen zu anderen Biotopen oder unterschiedliche Geländeniveaus führen zu einem heterogenen Nutzungsmosaik, das an unterschiedlichen Orten die Anlage von Ameisenbauten ermöglicht und zu einer differenzierten Verteilung der Bestände von Sanguisorba officinalis führt.

Zur Sicherstellung eines ausreichenden Angebotes an Vorkommen des Großen Wiesenknopfes und von Vogelwicke als weiterer Nektarpflanze muss der Mahdzeitraum so gelegt werden, dass sich diese von Juni bis August blühenden Pflanzen optimal entwickeln können. Die Raupen brauchen dann Entwicklungszeit bis zu ihrem Abtransport in die Ameisenbauten. Eine frühe Mahd sollte daher vor Anfang Juni erfolgen, eine zweite nicht vor Mitte September. Zumindest Teilbereiche der Säume sollten erst nach Ende der Flugzeit von Maculinea teleius ab Mitte September gemäht werden.

Eine Reduzierung von Nähr- und Schadstoffeinträgen, der Verzicht auf Biozide und ein stabiler Wasserhaushalt sollten ebenfalls sichergestellt sein.

Hier die auffälligsten Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede von
Maculinea nausithous und Maculinea teleius im Überblick:


 

Maculinea nausithous

Maculinea teleius

Äußere Merkmale

1 Reihe dunkler Punkte auf der Flügelunterseite; dunkler gefärbt als M. teleius

2 Reihen dunkler Punkte auf der Flügelunterseite; deutlich heller gefärbt als M. nausithous

Flugzeit

Juli und August

Besiedelte Biotope

Extensiv genutzte, strukturreiche Feucht- und Nasswiesen mit Vorkommen des Großen Wiesenknopfes

Besiedelt auch kleinräumigere Biotope und trockenere Lebensräume

Biotope stets großflächig und feucht

Raupenfutterpflanze

Rote, ältere Blütenköpfe des Großen Wiesenknopfes

Grüne, junge Blütenköpfe des Großen Wiesenknopfes

Wirtsameise

Myrmica rubra; bis zu 4 Raupen je Ameisenbau

Myrmica scabrinodis; meist 1 Raupe je Ameisenbau

Gefährdungsursachen

Bebauung, Umbruch, Aufforstung, Trockenlegung, Intensivierung der Nutzung, Nutzungsaufgabe

Schutzmaßnahmen

Extensive Grünlandnutzung, Schaffung eines heterogenen Nutzungsmosaiks, keine Mahd zwischen Juni und (Mitte) September

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Stand: 20.10.2014