6105 - Luchs (Lynx lynx) | FFH-Arten in RLP

Steckbrief zur Art 6105 der FFH-Richtlinie

Luchs (Lynx lynx)

Gruppe:

Säugetiere

Merkmale:

Der Luchs ist deutlich größer als die in Rheinland-Pfalz vorkommende Wildkatze. Erwachsene Männchen erreichen ein Gewicht von bis zu 30 kg, Weibchen wiegen ungefähr 20 kg. Die Kopf-Rumpflänge erreicht 80-120 cm. Der Luchs ist hochbeinig, was als Anpassung an einen schneereichen Lebensraum interpretiert wird. Das Fell ist rötlich-braun bis grau-beige, mit deutlicher schwarzer Fleckung. Die Färbung variiert aber sowohl individuell als auch saisonal. Das Gesicht wird von einem "Backenbart" umrahmt. Auffälligste Unterschiede zu den übrigen Katzen sind der kurze, nur 20 cm lange Schwanz und die "Pinsel", ein Büschel etwa 5 cm langer Grannenhaare auf den Ohrenspitzen.

Lebensraum:

Der Luchs besiedelt ausgedehnte, struktur- und deckungsreiche Wälder. Felsen beispielsweise dienen den Tieren als Ruhe- und Wurfplätze und ermöglichen von erhöhter Warte aus einen guten Überblick über die Umgebung. Die Lagerplätze sind nach mindestens einer Seite hin geschlossen und gegen Wind und Niederschläge geschützt. Südexponierte Lagen werden bevorzugt. Der Nachwuchs wird sowohl unter Felsen als auch unter Wurzeltellern, in Tierbauten und sogar in Bunkeranlagen oder Heuschobern zur Welt gebracht.
 
Luchse leben einzelgängerisch und haben sehr große Streifgebiete, die in Abhängigkeit vom Geschlecht, der Region und der Jahreszeit variieren. Neben ihrer beachtlichen Größe müssen die Reviere weitestgehend störungsarm und gering zerschnitten sein. Die Größe des Streifgebietes eines Luches hängt von der Beschaffenheit der Landschaft und dem Nahrungsangebot ab. Im Pfälzerwald, der als größtes zusammenhängendes Waldgebiet Deutschlands gilt, wird diese Größe auf 7.500 bis 12.500 ha geschätzt. In der Peripherie überlappen sich die Aktionsräume benachbarter Luchse. Nach Erfahrungswerten bietet das gesamte grenzübergreifende Biosphärenreservat Pfälzerwald-Nordvogesen ausreichend Lebensraum für 25 bis 45 Luchse.

Biologie und Ökologie:

Die Paarungszeit erreicht ihren Höhepunkt in den Monaten Februar und März. Nach einer Tragzeit von 68-72 Tagen werden an einem geschützten Platz meist zwei bis drei Junge geboren. Die Jungen entwickeln sich langsam und bleiben bis zur nächsten Ranzzeit bei der Mutter. Das Männchen beteiligt sich nicht unmittelbar an der Jungenbetreuung, verhindert durch die Sicherung des Territoriums aber das Eindringen anderer Luchse und damit potenzielle Störungen während der Jungenaufzucht.

Die jungen Luchse verlassen nach 10 Monaten die elterlichen Gebiete und unternehmen eine Ausbreitungswanderung, um ein eigenes freies Territorium zu finden. Dabei können Jungtiere Strecken bis zu 100 km zurücklegen.

In Europa lebt der Luchs hauptsächlich von kleineren Paarhufern (Rehe, Wildschweine). Hasen und Füchse werden selten, Kleinsäuger und Vögel nur ausnahmsweise erbeutet. Ein adulter Luchs benötigt 1-3 kg  Fleisch pro Tag und erlegt pro Jahr etwa 60 Paarhufer.
 
In freier Wildbahn können Luchse über 15 Jahre alt werden. In Gefangenschaft lebende Luchse haben auch ein Alter von 25 Jahren erreicht. Aber nur jedes zweite Jungtier überlebt das 1. Lebensjahr.

Verbreitung in Rheinland-Pfalz:

Im Pfälzerwald wurde der Luchs Mitte des 18. Jahrhunderts ausgerottet. Seit den frühen 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurden dort wieder Luchse beobachtet, die vermutlich aus Frankreich über die Vogesen eingewandert waren. Weitere Einzelvorkommen waren aus der Eifel bekannt. Verbindungen bestehen dort möglicherweise zu angrenzenden Vorkommen in Nordrhein-Westfalen und Belgien. Aber der Aufenthalt der Luchse in Rheinland-Pfalz war nur von kurzer Dauer. Ab dem Jahr 2015 sollen nun im Rahmen eines EU-LIFE+Projekts 20 Luchse im deutsch-französischen Biosphärenreservat Pfälzerwald-Nordvogesen ausgewildert werden. Träger des Projekts ist die Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz. 

Vorkommen in FFH-Gebieten:

6812-301 - Biosphärenreservat Pfälzerwald

Gefährdungen:

Da der Luchs auf störungsarme, zusammenhängende Waldgebiete zum Überleben angewiesen ist, führen große räumliche Zerschneidungen und Waldflächenreduktion (Straßenbau, Siedlungen etc.) zum Verlust des Lebensraumes. Jungtiere fallen oft bei ihren Wanderungen auf der Suche nach einem eigenen Revier dem Straßenverkehr, Hunger und Unterernährung zum Opfer. Verkehrsunfälle und Wilderei gehören zu den häufigsten Todesursachen.

Schutzmaßnahmen:

Zur dauerhaften Sicherung der Luchspopulationen in Rheinland-Pfalz sind zusammenhängende, strukturreiche Wälder erforderlich. Die Durchgängigkeit der von Verkehrswegen und Siedlungen zerschnittenen Landschaft ist zu verbessern. Die Anlage von Grünbrücken und Unterführungen bei bestehenden Straßen kann eine notwendige Schutzmaßnahme sein. Luchse sind gegen ständige Störungen empfindlich.

Ehrenamtliche Luchs-Berater sind in Rheinland-Pfalz unter der Leitung von Landesforsten seit 2012 landesweit im Einsatz.

Literatur:

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Stand: 30.01.2015