5339 - Bitterling (Rhodeus amarus) | FFH-Arten in RLP

Steckbrief zur Art 5339 der FFH-Richtlinie

Bitterling (Rhodeus amarus)

Gruppe:

Fische und Rundmäuler

Merkmale:

Der Bitterling ist ein kleiner, hochrückiger, seitlich abgeflachter Karpfenfisch von etwa 6 Zentimetern Größe. Selten wird er auch einmal bis zu 10 Zentimeter lang. Seine großen Schuppen wirken durch ihre dunkle Umrandung wie ein Netz, die Seitenlinien sind unvollständig, sie reichen nur über die vorderen 5 bis 6 Schuppen. Der Rücken ist graugrün, Seiten und Bauch schimmern silbrig. Von der Schwanzflosse bis zur Körpermitte verläuft eine blaugrüne Längsbinde. Im oberen Teil des Auges befindet sich ein roter Fleck.

In der Laichzeit nehmen die Männchen eine intensive Färbung an. Kehle, Brust und vordere Bauchseite werden rötlich, Rücken und Hinterkörper schillern grün. An zwei Stellen über den Augen und dem Maul erscheinen Laichwarzen und hinter den Kiemendeckeln je ein blauer Fleck. Die Weibchen bilden in dieser Zeit hinter der Afteröffnung eine etwa 5 Zentimeter lange Legeröhre aus.

Lebensraum:

Der Bitterling bevorzugt stehende, flache und sommerwarme Kleingewässer, die Uferregion von Seen sowie Buchten strömungsarmer Fließgewässer mit meist üppigem Pflanzenwuchs und sandig-schlammigem Grund. Offene, lichtdurchlässige Stellen brauchen die geselligen Bitterlinge als Raum für ihre Imponierspiele bei Balz und Revierverteidigung. Die kleinen Karpfenfische leben oft mit Stichlings- oder Schwärmen anderer karpfenartiger Kleinfischarten vergesellschaftet. Es werden sowohl naturnahe als auch mäßig ausgebaute Gewässer besiedelt. Entscheidend für die Vorkommen sind dagegen ausreichende Bestände an Fluss- und Teichmuscheln.

Biologie und Ökologie:

Für ihre Fortpflanzung sind die Bitterlinge auf Großmuscheln angewiesen. Ab Anfang Mai suchen sich die Männchen eine Muschel aus und legen ihr prächtig gefärbtes Hochzeitskleid an. Sie beginnen mit der Revierverteidigung. Ein geeignetes Revier ist 4 bis 10 m² groß und beherbergt 1 bis 3 Muscheln. Mit zunehmender Populationsdichte reduziert sich die Reviergröße. Die Männchen schwimmen regelmäßig zu "ihren" Muscheln, um diese zu konditionieren. Durch regelmäßiges leichtes Anstoßen der Einströmöffnung der Muschel mit der Schnauze wird diese an den spezifischen Berührungsreiz gewöhnt und schließt die Schale nicht mehr. So wird das Einführen der Legeröhren für die Weibchen ermöglicht.

Bis Ende Juni lässt das Bitterling-Weibchen, das pro Laichperiode etwa 40 Eier produziert, jeweils 1 bis 2 der 3 Millimeter großen Eier über die Atemöffnung der vorbereiteten Muschel in deren Kiemenraum gleiten. Jedes Weibchen verteilt seine Eier auf mehrere Muscheln und Männchen. Mit dem Atemwasser gelangen auch die Spermien der Männchen in den Kiemenraum der Muschel und befruchten dort die Eier.

Günstige Temperaturen für die Eiablage sind 15 - 21°C. Die Entwicklungszeit der Eier dauert je nach Wassertemperatur 2 bis 3 Wochen. Die Larven zehren relativ lange von ihrem Dottersack und verlassen erst nach ungefähr 5 Wochen und mit einer Länge von etwa 11 Millimetern die Wirtsmuschel. Dadurch sind die Eier und die schlüpfenden Larven während ihrer Entwicklungszeit vor Fressfeinden sicher, und der Erhalt des Bitterlings ist trotz sehr geringer Eizahlen gewährleistet. Im zweiten Lebensjahr sind die Tiere geschlechtsreif. Sie werden meist 3 - 4, selten auch einmal bis 8 Jahre alt.

Die Nahrung des Bitterlings besteht als Jungtier überwiegend aus Zooplankton, Zuckmückenlarven und Würmern, später nimmt er mehr pflanzliche Nahrung zu sich.

Verbreitung in Rheinland-Pfalz:

Der Bitterling galt 1997 in Rheinland-Pfalz als vom Aussterben bedroht, nach Untersuchungen im Jahr 2007 wird er nun als stark gefährdet eingestuft. Aktuell sind nur sehr wenige Vorkommen aus dem Westerwald, zum Beispiel in Lahn und Wied, aus der Mosel, der Nahe und dem Oberrheingebiet bekannt. Schwerpunkte der Verbreitung sind das Flachland und die Flussniederungen, vor allem der Oberrheingraben.

Gefährdungen:

Hauptursachen des Bestandsrückgangs des Bitterlings sind in der Zerstörung seiner Lebensräume durch Wasserbau- und Gewässerunterhaltungsmaßnahmen zu sehen, aber auch durch Verfüllung von Kleingewässern und Beseitigung von Altarmen, Verlandung oder saisonales Trockenfallen.

Der Bitterling kann ohne ausreichend große Muschelbestände nicht überleben. Muscheln sind Filtrierer und reagieren auf Verschmutzungen besonders empfindlich. Wenn Gewässer innerhalb kurzer Zeit infolge Verschmutzung verschlammen, sind sie als Lebensraum für Muscheln nicht mehr geeignet. In den vergangenen Jahren waren Muscheln in ihren Beständen stark rückläufig.

Da der Bitterling insbesondere in kleineren Gewässern der Konkurrenz durch andere Arten nur bedingt widerstehen kann, wirken vor allem Nahrungskonkurrenz und Fraßdruck durch eingesetzte Nutzfischarten wie Aal, Zander, Barsch oder Hecht gefährdend. Auch Bisamratten, die gerne Muscheln fressen, können diese Fischart dadurch indirekt dezimieren.

Schutzmaßnahmen:

Um den Bitterling zu erhalten und zu fördern, müssen seine Lebensräume geschützt und ein ausreichender Bestand an Großmuscheln sichergestellt werden. Altwässer müssen erhalten und gegebenenfalls wieder an den Hauptstrom angebunden werden. Notwendige Gewässerunterhaltungsmaßnahmen sollten schonend durchgeführt werden. Grundräumungen sind, vor allem auch zur Erhaltung der Muschelbestände, zu vermeiden. In typischen Bitterlingsgewässern darf außerdem keine Veränderung des Arteninventars durch Fischbesatz erfolgen.

Vor allem bei direkt angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzflächen sollte durch die Errichtung großzügig dimensionierter Gewässerrandstreifen der Eintrag von Nähr- und Schadstoffen verringert werden.

Damit ein Austausch der isolierten Teilpopulationen sowie eine Neubesiedlung geeigneter Gewässer stattfinden kann, sollten Lebensräume besser vernetzt werden. Längsdurchgängigkeit, Strukturreichtum und eine gute Wasserqualität müssen gewährleistet sein.

Literatur:

Broddack, R. (2008): Der Bitterling - Fisch des Jahres 2008. Mitteilungen für sächsische Feldherpetologen und Ichthyofaunisten: 2-4.

Düver, W. (Bearb.) (2008): Bitterling (Rhodeus amarus). Fisch des Jahres 2008. Verband Deutscher Sportfischer, Offenbach (Hrsg.). 40 pp.

Gaumert, D. (1981): Süßwasserfische in Niedersachsen. Arten und Verbreitung als Grundlage für den Fischartenschutz. Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Hannover (Hrsg.). 134 pp.

Knuth, D. (2008): Der Bitterling (Rhodeus amarus) BLOCH, 1872 - Fisch des Jahres 2008. Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg 17(1): 2.

Mills, S. C.; Reynolds, J. D. (2004):  The importance of species interactions in conservation: the endangered European bitterling Rhodeus sericeus and its freshwater mussel hosts. Animal Conservation 7(3): 257-263.

Ministerium für Raumordnung, Landwirtschaft und Umwelt Sachsen-Anhalt (Hrsg.) (1997): Die Fischfauna von Sachsen-Anhalt. 180 pp.

Pelz, G. R.; Brenner, T. (Bearb.) (2000): Fische und Fischerei in Rheinland-Pfalz. Bestandsaufnahme, fischereiliche Nutzung, Fischartenschutz. Ministerium für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz, Mainz (Hrsg.). 258 pp. Ergänzungsheft (2003). 14 pp.

Petersen, B.; Ellwanger, G.; Bless, R.; Boye, P.; Schröder, E.; Ssymank, A. (Bearb.) (2004): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Bd.2: Wirbeltiere. Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 69/2. Bundesamt für Naturschutz, Bonn (Hrsg.): 301-305.

Schaumburg, J. (1989): Zur Ökologie von Stichling, Bitterling und Moderlieschen - drei bestandsbedrohten, einheimischen Kleinfischarten Berichte der Akademie für Naturschutz Laufen 13: 145-194.

Weibel, U. (Bearb.) (2002): Verbreitung von Bitterling, Schlammpeitzger und Steinbeißer in Rheinland-Pfalz. Institut für Umweltstudien Weisser und Ness, Kandel im Auftrag des Landesamtes für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz, Oppenheim. 17 pp., Anhang.

Winkel, S. (2008): Nie ohne Muschel. der Bitterling ist Fisch des Jahres 2008. Naturschutz heute 40(1): 40-41.

Stand: 26.10.2017