1321 - Wimperfledermaus (Myotis emarginatus) | FFH-Arten in RLP

Steckbrief zur Art 1321 der FFH-Richtlinie

Wimperfledermaus (Myotis emarginatus)

Gruppe:

Säugetiere

Merkmale:

Die Wimperfledermaus ist eine mittelgroße Fledermaus mit einer Kopf-Rumpf-Länge von etwa 4-5 cm und einer Flügelspannweite von 22-25 cm. Ihre Ohren sind verhältnismäßig lang und besitzen eine Einbuchtung am oberen Außenrand. Die Wimperfledermaus ist ungefähr 7-15 Gramm schwer. Das wollige, lange Fell ist am Rücken braun bis rötlich, am Bauch gelblichweiß gefärbt. Manche Tiere besitzen auch einen sehr dunklen Farbton. Namengebend sind die feinen Haare, die "Wimpern", am Rand der Schwanzflughaut.

Lebensraum:

Die Wimperfledermaus bevorzugt halboffene, parkähnliche oder kleinstrukturierte Landschaften, beispielsweise Streuobstwiesen oder laubholz- und gebüschreiche Wälder, Waldränder und Gewässer zum Jagen. Außerdem jagt sie auch zwischen den Gebäuden von landwirtschaftlichen Betrieben und in offenen Viehställen.

Baumhöhlen und Rindenspalten werden als natürliche Sommer- oder Übergangsquartiere genutzt. Als Sommerquartier bevorzugen Wimperfledermäuse auch große Dachräume wie beispielsweise in Kirchen oder beheizte Keller. Einfallendes Tageslicht stört sie nicht. Die Quartiere der Kolonien befinden sich immer in Waldnähe.

Für den Winterschlaf sucht die Wimperfledermaus unterirdische, bevorzugt großräumige Quartiere in Höhlen, Stollen und Kellern auf, deren Temperatur zwischen etwa 5° und 10°C und selten niedriger liegt und deren Luftfeuchtigkeit zwischen 85 und 100% beträgt. Die Wimperfledermaus hängt sich dort frei an Decken oder Wände. Manchmal zwängt sie sich auch in enge Spalten.

Biologie und Ökologie:

Die Winterruhe beginnt im Oktober und dauert teilweise bis Anfang Mai. Dann werden die Wochenstuben in Gebäuden bezogen. Die Kolonien können mehrere hundert Individuen umfassen.

Im Juni bringt ein Weibchen ein einziges Junges zur Welt. Nach dem Flüggewerden der Jungen beginnen sich die Wochenstuben etwa im Juli wieder aufzulösen.

Als orts- und quartiertreue Art wandert die Wimperfledermaus zwischen ihrem Winter- und Sommerquartier nur über geringe Distanzen, selten mehr als 100 km, normalerweise deutlich weniger.

Die Hauptbeute dieser Art sind Spinnen und Insekten, vor allem Fliegen. Als wendiger Flieger jagt die Wimperfledermaus in 1 bis 5 m Höhe über dem Boden und in einem Umkreis von bis zu 14 km um die Quartiere herum. In einem langsamen Pendelflug liest sie ihre Beute direkt aus der Vegetation und von Wänden ab.

Verbreitung in Rheinland-Pfalz:

Die Wimperfledermaus ist eine wärmeliebende Art mit Verbreitungsschwerpunkt im südeuropäischen Raum. In Rheinland-Pfalz erreicht sie ihre nördliche Verbreitungsgrenze. Die Vorkommen konzentrieren sich auf das Gutland (Bitburger Land), den Hunsrück, das Saar-Nahe-Bergland und die Südpfalz (Pfälzerwald). Der Pfälzerwald scheint das wichtigste Überwinterungsgebiet dieser Art in Deutschland zu sein.

Gefährdungen:

Gefährdungen bestehen vor allem durch den Verlust von Sommerquartieren und Jagdhabitaten infolge Nutzungsintensivierung in Land- und Forstwirtschaft. Insektizideinsatz im Jagdgebiet entzieht der Wimperfledermaus die Nahrungsgrundlage.

Holzschutzmittel auf Dachböden und Störungen sind Risikofaktoren.

Auch Barrierewirkungen durch Verkehrswege und Unfalltod durch Fahrzeuge sind eine wesentliche Gefährdungsursache.

Schutzmaßnahmen:

Schutzmaßnahmen müssen Wochenstuben und Nahrungsgebiete einbeziehen. Ungestörte, giftfreie Quartiere in Gebäuden müssen erhalten und wiederhergestellt werden.

Gebüsch- und laubholzreiche Wälder mit einem ausreichenden Totholzanteil sollen in einem Umkreis von 10 km um die Wochenstuben erhalten und entwickelt werden.

Beim Neubau größerer Verkehrswege sollen 10-15 km Abstand um bekannte Quartiere eingehalten werden. Querungshilfen sind ebenfalls geeignete Schutzmaßnahmen.

Literatur:

Gaisler, J. (1971): Zur Ökologie von Myotis emarginatus in Mitteleuropa. Decheniana Beihefte 18: 71-82.

Grimm, F.; König, H. (2013): Fledermäuse und ihr Schutz in der Südwestpfalz. Pollichia-Kurier 29(1): 42-46. 

Hausser, J. (Ed.) (1995): Säugetiere der Schweiz. Verbreitung. Biologie. Ökologie. Birkhäuser Verlag. Denkschriften der Schweizerischen Akademie der Naturwissenschaften 103. 501 pp.

König, H. (2004): Fledermäuse (Mammalia: Chiroptera) im Biosphärenreservat Pfälzerwald. Biodiversität im Biosphärenreservat Pfälzerwald: Status und Perspektiven. Ott, J. (BUND), Mainz (Hrsg.): 148-164.

König, H.; Wissing, H. (Bearb.) (2007): Die Fledermäuse der Pfalz. Ergebnisse einer 30jährigen Erfassung. Fauna und Flora in Rheinland-Pfalz, Beiheft 35: 220 pp.

Petersen, B.; Ellwanger, G.; Bless, R.; Boye, P.; Schröder, E.; Ssymank, A. (Bearb.) (2004): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Bd.2: Wirbeltiere. Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 69/2. Bundesamt für Naturschutz, Bonn (Hrsg.): 496-502.

Schwaab, F. (1997): Portraits der Fledermäuse. Science et nature, Sonderheft 11: 26 -31. Bruxelles.

Wissing, H. (2010): Bestandszunahme der Wimperfledermaus, Myotis emarginatus (Geoffroy, 1806), in der Südpfalz (BRD, Rheinland-Pfalz) aufgrund der Klimaveränderung. Nyctalus 15(2/3): 180-186.
 
Zahn, A.; Bauer, S.; Kriner, E.; Holzhaider, J. (2010): Foraging habitats of Myotis emarginatus in Central Europe. European Journal of Wildlife Research 56(3): 395-400.

Zahn, A. (2010): Wimperfledermäuse (Myotis emarginatus) auf dem Weg nach Norden? Nyctalus 15(2/3): 187-190.

Stand: 19.01.2015