1102 - Maifisch (Alosa alosa) | FFH-Arten in RLP

Steckbrief zur Art 1102 der FFH-Richtlinie

Maifisch (Alosa alosa)

Gruppe:

Fische und Rundmäuler

Merkmale:

Der Maifisch, ein Verwandter des Herings, erreicht mit 40 bis 70 Zentimetern eine stattliche Größe und wird bis zu 4 Kilo schwer. Der metallisch glänzende Körper ist am Rücken silbrig blaugrün, Seiten und Bauch sind silbrig weiß. Hinter dem Kiemendeckel befindet sich meist 1 dunkler Fleck, bis zu 5 Flecke können vorhanden sein. Mit seiner stark gegabelten Schwanzflosse, den halbmondförmigen Augenlidern und den leicht ablösbaren silbrigen Schuppen besitzt der Maifisch die für Heringsfische typischen Merkmale. Von der im Habitus ähnlichen Finte (Alosa fallax), die in Rheinland-Pfalz nicht vorkommt, unterscheidet er sich durch Merkmale an den Kiemenbögen.

Lebensraum:

Der Maifisch ist ein anadromer Wanderfisch, der zur Laichzeit aus dem Meer in die großen Flüsse aufsteigt. Im Meer kommt er bis zu einer Tiefe von 300 Metern vor. Laichplätze im Rhein und seinen Nebengewässern gab es früher wohl vom Hochrhein bis zum Delta. Der Maifisch benötigt steinig-kiesige Laichsubstrate an flachen Stellen mit stärkerer Strömung von etwa 1,0-1,5 m/sec. Jungtiere bis zum 2. Lebensjahr halten sich in oder in der Nähe von Flussmündungen auf. Über die Lebensräume, in denen die jungen Maifische bis zur Geschlechtsreife aufwachsen, ist wenig bekannt.

Biologie und Ökologie:

Vor dem Aufwärtswandern in die Flüsse halten die Maifische sich einige Zeit zur Nahrungsaufnahme im Brackwasser des Flussdeltas auf. Während der Wanderung im Süßwasser nehmen erwachsene Maifische dann keine Nahrung mehr zu sich.

Die laichbereiten Tiere steigen im Frühjahr, ab März/April, in Schwärmen vom Meer in die großen Flüsse auf. Die Hauptwanderzeit ist im Monat Mai, der dem Fisch auch seinen Namen gab. Die Maifische legen dann große Strecken von bis zu über 700 Kilometern zurück.
 
Von April bis Juli laichen die Tiere in großen Schwärmen während der Nacht. Die Laichhabitate befinden sich typischerweise in der Barbenregion. Hier ist die Strömung vor allem in Ufernähe schwach, die Uferbereiche sind vegetationsreich und die Wassertemperatur erreicht im Sommer über 20° C.

Jedes Weibchen legt während einer Laichperiode mehrmals über 100 000 Eier über sandig-kiesigem Substrat. Ein Großteil der erwachsenen Tiere stirbt nach dem Laichen. Die Larven schlüpfen nach 4 bis 8 Tagen und wandern in Bereiche mit noch geringerer Strömung ab. Im Sommer und Herbst, bis in den Oktober hinein, wandern die dann 5 bis maximal 20 Zentimeter langen Jungfische in die Mündungsbereiche der Flüsse hinab. Ab dem 3. bis 4. Lebensjahr werden die Tiere geschlechtsreif. Ihre Lebenserwartung liegt bei bis zu 10 Jahren.

Im Meer ernähren Maifische sich von Kleinkrebsen, in Flüssen darüber hinaus von Insekten.

Verbreitung in Rheinland-Pfalz:

Früher war der Maifisch in allen größeren, insbesondere in die Nordsee entwässernden Fließgewässern wie dem Rhein und deren Zuflüssen verbreitet. Maifische sind auch in Sieg und Mosel aufgestiegen. Wahrscheinlich um die Wende zum 20. Jahrhundert verschwanden die Maifische weitgehend aus dem Flusssystem des Rheins. Heute sind die natürlichen Vorkommen bis auf seltene Einzelexemplare erloschen. In Deutschland ist der Maifisch vom Aussterben bedroht.

Im Rahmen eines LIFE-Projektes zur Wiederansiedlung des Maifisches wurden zwischen 2007 und Ende 2010 von Nordrhein-Westfalen und Hessen Maifische im Rhein und in geeigneten Rheinzuflüssen ausgesetzt. 2011 startete ein LIFE+-Folgeprojekt. Drei im Januar 2014 in Philippsburg bei Karlsruhe gefundene Jungtiere lassen vermuten, dass sich die Maifische im Rhein wieder fortpflanzen.

Gefährdungen:

Als Hauptursachen des Bestandsrückganges wird die übermäßige Befischung auf den Wanderwegen und direkt im Rheindelta in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts vermutet. Beispielswiese wurden in einem Rheinmündungsarm 1852 an einem einzigen Tag 23000 Tiere gefangen.
 
Gleichzeitig haben sich durch Wasserbaumaßnahmen auch die Laichgründe und Aufenthaltsgebiete der Jungfische im Delta tiefgreifend verändert. Querbauwerke wie zum Beispiel Staudämme beeinträchtigen und vernichten Lebensräume. Die gilt auch für Wellenschlag durch den Schiffsverkehr, Gewässerverschmutzung und Kiesabbau. Darüber hinaus sind Turbinen von Wasserkraftwerken eine tödliche Gefahr.

Schutzmaßnahmen:

Wie für alle Wanderfische ist die Durchgängigkeit des Flusssystems eine wesentliche Voraussetzung für eine Wiederbesiedlung.

Alle bekannten Vorkommen von Maifischen, insbesondere die Laichgebiete, sollten in Schutzgebieten gesichert werden.

Literatur:

Bartl, G.; Troschel, H. J. (1997): Historische Verbreitung, Bestandsentwicklung und aktuelle Situation von Alosa alosa und Alosa fallax im Rheingebiet. Zeitschrift für Fischkunde 4(1/2): 119-162.

Beeck, P.; Ingendahl, D.; Klinger, H. (2008): Der Maifisch soll zurückkehren. Ein EU LIFE-Projekt unter der Trägerschaft des LANUV. Natur in NRW 33(3): 17-20.

Fricke, R. (2004): Der Maifisch (Alosa alosa). Fisch des Jahres 2004. Verband Deutscher Sportfischer (Hrsg.). Offenbach am Main. 39 pp.

Ingendahl, D.; Beeck, P.; Nemitz, A.; Molls, F.; Klinger, H. (2008): Das Wanderfischprogramm NRW. Ein systematischer Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität in nordrhein-westfälischen Fließgewässern. Natur in NRW 33(3): 14-16.

Ingendahl, D.; Beeck, P. (2010). Die Wiederansiedlung von Wanderfischen im Rhein mit kritischer Betrachtung des "Flagship-Species"-Ansatzes. Fischartenschutz in Fließgewässern: 227-250.

Internationale Kommission zum Schutz des Rheins, IKSR (Hrsg.) (2007): Lachs 2020. Der Weg zu selbst erhaltenden Populationen von Wanderfischen im Einzugsgebiet des Rheins. Aktualisierung des Programms zum Schutz und zur Wiedereinführung von Wanderfischen. IKSR-Bericht 162d. Koblenz. 42 pp.

Klinger, H. (2004): 3. Nordrhein-Westfälischer Fischereitag in Olpe. Eine Kooperationsveranstaltung von Landesfischereiverband und LÖBF. LÖBF-Mitteilungen 29(4): 23-25.

Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Hrsg.) (2016): Schutz und Wiederherstellung der Bestände des Maifischs in den Einzugsgebieten der Gironde und des Rheins. LANUV-Fachbericht 70. 24 pp.

Lelek, A.; Buhse, G. (1992): Fische des Rheins - früher und heute -. Springer Verlag. Berlin, Heidelberg. 214 pp.

Pelz, G. R.; Brenner, T. (Bearb.) (2000): Fische und Fischerei in Rheinland-Pfalz. Bestandsaufnahme, fischereiliche Nutzung, Fischartenschutz. Ministerium für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz, Mainz (Hrsg.). 258 pp. Ergänzungsheft (2003). 14 pp.

Petersen, B.; Ellwanger, G.; Bless, R.; Boye, P.; Schröder, E.; Ssymank, A. (Bearb.) (2004): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Bd.2: Wirbeltiere. Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 69/2. Bundesamt für Naturschutz, Bonn (Hrsg.): 218-222.

Scharbert, A.; Beeck, P. (2011): Die Wiederansiedlung des Maifischs (Alosa alosa) im Rhein-System. LANUV-Fachbericht 28. Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Hrsg.). 24 pp.

Scharbert, A. (2015):  Wiederansiedlung des Maifischs im Rhein zeigt erste Erfolge: zahlreiche Rückkehrer aus dem Meer registriert. Natur in NRW 40 (1): 27-28.

Stand: 26.10.2017