1081 - Breitrand (Dytiscus latissimus) | FFH-Arten in RLP

Steckbrief zur Art 1081 der FFH-Richtlinie

Breitrand (Dytiscus latissimus)

Gruppe:

Käfer

Merkmale:

Der Breitrand ist mit 44 mm der größte Schwimmkäfer Europas und der zweitgrößte Schwimmkäfer der Erde. Von den anderen Gelbrandkäfer-Arten unterscheidet er sich durch die seitlich tragflächenartig erweiterten Flügeldecken. Die Oberseite des Käfers ist braun, der Halsschild und die Flügeldecken sind breit gelb umrandet.

Lebensraum:

Der Breitrand gilt als eine Indikatorart für großflächige Landschaften mit größeren stehenden oligo- bis mesotrophen Gewässern, für Landschaften, in denen extensive (traditionelle) Nutzungsformen vorkommen oder sogar vorherrschen. Oft liegen die Gewässer in bewaldeten Gebieten. Besonnte Uferabschnitte sind jedoch insbesondere für die Larven sehr wichtig. Auch Flussauengewässer gehören zu den Lebensräumen. Kleinere, isoliert liegende stehende Gewässer in intensiv genutzten Agrargebieten erfüllen nicht die Bedingungen, die für die Fortpflanzung dieses Gelbrandkäfers erforderlich sind. Der Breitrand toleriert sehr saures Wasser, braucht aber dichte Bestände von Unterwasserpflanzen, Moosen oder Armleuchtergewächsen am Ufer und in der Flachwasserzone. Die Brutgewässer müssen auf einer größeren Fläche mindestens einen Meter tief sein.

Der Breitrand tritt oft gemeinsam mit dem Schmalbindigen Breitflügel-Tauchkäfer (Graphoderus bilineatus) auf, dessen Ansprüche an den Lebensraum ähnlich sind.

Biologie und Ökologie:

Von Ende März bis Mitte Mai werden die Eier in lebende Stängel und Blätter von stark assimilierenden Wasserpflanzen abgelegt, wie dies auch bei anderen Arten der Gattung der Fall ist. Die Larven schlüpfen bald darauf und verpuppen sich bereits ca. 1,5 Monate später an Land in feuchten Erdhöhlen unter Moospolstern, Hölzern oder Steinen. Die Puppenruhe dauert ungefähr zwei Wochen. Die frisch geschlüpften Käfer verbringen bis zur völligen Aushärtung noch einige Tage in der Puppenwiege. Ab Juli sind die Käfer im Gewässer anzutreffen.

Die Imagines halten sich bevorzugt in Flachwasserzonen mit dichter Überwasservegetation wie Seggen und Teichbinsen auf, in einer Wassertiefe von 30-100 Zentimetern. Einige Tiere wurden auch entlang von Steilufern (in Torfstichgewässern) ohne jeden Pflanzenwuchs schwimmend angetroffen. Wie alle anderen Schwimmkäfer auch kommt Dytiscus latissimus zur Auffrischung seines Luftvorrats unter den Flügeldecken regelmäßig an die Wasseroberfläche. In der kalten Jahreszeit ziehen die Tiere sich in die tiefen Wasserzonen zurück, wo sie unter dem Eis überwintern. Im Frühjahr sind zuerst die Männchen wieder aktiv, die Weibchen erscheinen acht bis vierzehn Tage später.

Der Breitrand ist nachtaktiv und ernährt sich bevorzugt von aquatischen Insekten wie Wasserwanzen und auch von im Wasser liegenden Aas und ausschließlich kranken Fischen. Seine Larven dagegen sind auf die Jagd nach Larven und Puppen von Köcherfliegen spezialisiert. Laboruntersuchungen zufolge fressen sie außerdem  Asseln und Eintagsfliegen-Larven.

Die erwachsenen Käfer können wie die meisten Arten der Gattung älter als ein Jahr werden. In Gefangenschaft gehaltene Tiere wurden bis zu 3 Jahre alt. Der Breitrand ist in der Lage, fliegend neue Gewässer aufzusuchen. Während der Sommermonate sind Schwarmflüge zu beobachten.

Verbreitung in Rheinland-Pfalz:

In Europa hat der Breitrand seinen Verbreitungsschwerpunkt in der borealen und kontinentalen sowie in Tallagen der alpinen Region. In Deutschland war diese Art einst fast flächendeckend verbreitet. Nach 1980 sind in Deutschland nur noch 8 Fundorte bekannt, in Rheinland-Pfalz ein einziges gesichertes Vorkommen am Dreifelder Weiher im Westerwald und ein potenzielles aus dem NSG Struth im Rhein-Hunsrück-Kreis. Vor 1960 kam der Käfer auch am Laacher See vor.

Gefährdungen:

Die Beseitigung der als Lebensraum bedeutenden nährstoffarmen Flachseen, Weiher und Altarme in den Flussauen haben zum Verschwinden des Breitrandes beigetragen.

In Breitrand-Gewässern stellt ein überhöhter Fischbesatz eine Gefahr dar sowie das Ablassen, Kalken und Entkrauten im Rahmen fischereilicher Nutzung.

Eine Veränderung der Gewässer durch zunehmende Beschattung und Nährstoffeintrag mit Algenbildung kann sich negativ, besonders auf die Käfervorkommen in Moor-Wiesen-Komplexen, auswirken.

Die Larven des Breitrandes reagieren auf solche Veränderung ihres Lebensraums noch wesentlich empfindlicher als die erwachsenen Käfer. Dies hängt wahrscheinlich mit der größeren Spezialisierung beim Nahrungserwerb zusammen.

Zu den natürlichen Feinden des Käfers zählen vor allem Wasservögel und Kleinsäuger. Die Larven und adulten Tiere gehören zu deren Nahrungsspektrum.

Schutzmaßnahmen:

Ein Schutz des Breitrandes ist nur durch die Sicherung großer, möglichst nährstoffarmer Seen und Teiche mit Wasserpflanzen möglich. Da es nicht ausreicht, nur die derzeit sehr weit auseinander liegenden Vorkommen zu schützen, müssen verschiedene verbindende Seentypen und Weiher ebenfalls mit einbezogen werden.

Nährstoffanreicherungen der Gewässer und Beschattung der Randbereiche sind als besonders ungünstige Faktoren zu vermeiden. Eine extensive Nutzung der auch an potenzielle Vorkommengewässer angrenzenden Bereiche ist zu empfehlen.

Gewässer mit einer Größe über 1.000 m² und einer Tiefe über 1 m sind für die Neubesiedlung durch den Breitrand geeignet, vor allem, wenn sie in torfigem Substrat liegen. Solche Gewässer sind in Rheinland-Pfalz im Bereich der Westerwälder Seenplatte, in der Westpfälzer Moorniederung sowie im Pfälzerwald zu finden.

Literatur:

Entomologen-Vereinigung Sachsen-Anhalt e.V. (Hrsg.) (2000): Zur Bestandssituation wirbelloser Arten nach Anhang II der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Entomol. Mitt. Sachsen-Anhalt. Sonderheft 2000. 62 pp.

Foster, G.N. (1996): Dytiscus latissimus Linnaeus, 1758. In: Helsdingen, P. J. van; Willemse, L.; Speight, M.C. (Ed.): Background information on invertebrates of the Habitats Directive and the Bern Convention. Part. I: Crustacea, Coleoptera and Lepidoptera. Nature and environment 79: 31-39.

Hendrich, L.; Balke, M. (2000): Verbreitung, Habitatbindung, Gefährdung und mögliche Schutzmaßnahmen der FFH-Arten Dytiscus latissimus Linnaeus, 1758 (Der Breitrand) und Graphoderus bilineatus (De Geer, 1774) in Deutschland (Coleoptera: Dytiscidae). Insecta 6: 98-114.

Hendrich, L.; Balke, M. (2002): Breitrand (Dytiscus latissimus) und Schmalbindiger Breitflügel-Tauchkäfer (Graphoderus bilineatus). In: Fartmann, T.; Gunnemann, H.; Salm, P.; Schröder, E.: Berichtspflichten in Natura 2000-Gebieten. Angewandte Landschaftsökologie 42: 301-305.

Hendrich, L. (2011): Mythos Breitrand - vom Leben und "leisen Sterben" des zweitgrößten Schwimmkäfers der Welt: (Dytiscidae: Dytiscus latissimus LINNAEUS, 1758). Nachrichtenblatt der Bayerischen Entomologen 60 (1/2): 2-9.

Petersen, B.; Ellwanger, G.; Biewald, G.; Hauke, U.; Ludwig, G.; Pretscher, P.; Schröder, E.; Ssymank, A. (Bearb.) (2003): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Bd.1: Pflanzen und Wirbellose. Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 69/1. Bundesamt für Naturschutz, Bonn (Hrsg.): 378-387.

Stand: 31.01.2014