1060 - Großer Feuerfalter (Lycaena dispar) | FFH-Arten in RLP

Steckbrief zur Art 1060 der FFH-Richtlinie

Großer Feuerfalter (Lycaena dispar)

Gruppe:

Schmetterlinge

Merkmale:

Der Große Feuerfalter aus der Schmetterlingsfamilie der Bläulinge (Lycaenidae) erreicht eine Flügelspannweite von 2,7 bis 4 Zentimetern. Männchen und Weibchen haben ein unterschiedliches Erscheinungsbild.

Die Flügeloberseiten des Männchens sind leuchtend orangerot mit jeweils einem feinen schwarzen strichförmigen Fleck. Am schmalen schwarzen Flügelrand sitzen kurze weiße Fransen. Die Vorderflügel des größeren Weibchens sind ebenfalls orangerot gefärbt, aber weniger leuchtend und mit großen schwarzen Flecken versehen. Der beim Weibchen breitere Flügelrand ist wie auch die Oberseite ihrer Hinterflügel dunkelbraun. Eine breite orangerote Binde verläuft nahe dem äußeren Hinterflügelrand.

Die Unterseiten der Flügel sind bei beiden Geschlechtern gleich. Die Hinterflügel sind blaugrau mit breiter orangefarbener Außenbinde, die Vorderflügel blass orange mit blaugrauer Außenbinde. Beide Flügelpaare weisen zahlreiche schwarze, hell umrandete Flecken auf.

Die grünen Raupen werden etwa 2,1 Zentimeter lang. Sie sind fein behaart mit zahlreichen kleinen weißen Punkten. Die Puppe ist eine gelbbräunliche Gürtelpuppe.

Lebensraum:

Lebensraum der Falter sind großflächige, strukturreiche Wiesenlandschaften, besonders Feuchtwiesen wie Binsen- und Kohldistelwiesen und Seggenrieder sowie deren Brachen. Die Tiere fliegen an Gräben mit Hochstaudenfluren, an Fließgewässern, in Mooren, Ton- und Kiesgruben. Voraussetzung ist ein Lebensraummosaik aus Flächen mit reichen Vorkommen der Raupenfutterpflanzen und Nektarpflanzen für die Falter. Typische Eiablage-Habitate der Pfalz sind 2 bis 4 Wochen vor der Flugzeit genutzte Wiesen oder Intensiv-Weiden.

Die Raupen ernähren sich von oxalatarmen, also nicht sauer schmeckenden Ampferarten wie Fluss-Ampfer (Rumex hydrolapathum), Krauser Ampfer (Rumex crispus) und Stumpfblättriger Ampfer (Rumex obtusifolius).

Das Nahrungsspektrum der Falter ist breiter gefächert. Sie scheinen Trichter- und Köpfchenblüten von violetter oder gelber Farbe zu bevorzugen. Von besonderer Bedeutung sind Baldrian- und Blutweiderich-Fluren mit Kriechendem Arznei-Baldrian (Valeriana procurrens) und Blutweiderich (Lythrum salicaria). Beliebte Nektarpflanzen sind außerdem Großes Flohkraut (Pulicaria dysenterica), Rossminze (Mentha longifolia), Acker- und Sumpf-Kratzdistel (Cirsium arvense und Cirsium palustre), Jakobs-Greiskraut (Senecio jacobaea) und andere mehr.

Biologie und Ökologie:

Die Männchen des Großen Feuerfalters zeigen ein ausgeprägtes Revierverhalten. Ihre Reviere heben sich äußerlich deutlich vom Umfeld ab, damit sie von den suchenden Weibchen leichter zu finden sind. Diese Funktion erfüllen einheitlich aufgebaute Vegetationsbestände, so genannte Fazies, die durch deutlich andere Vegetation in ihrer Umgebung leicht zu erkennen sind, zum Beispiel Seggenflächen oder Waldsimsenbestände.

Die Eier werden überwiegend einzeln oder zu zweit auf die Blattoberseite der Ampferarten abgelegt, die als Raupenfutterpflanze in Betracht kommen. Nach 5-11 Tagen schlüpft die Raupe, wechselt auf die Blattunterseite und erzeugt dort ein charakteristisches Fensterfraßbild.

In Süddeutschland, auch in Rheinland-Pfalz, entwickelt sich der Große Feuerfalter in zwei Generationen. Die 1. Generation fliegt bei uns von Ende Mai bis Ende Juni. Die Larvenzeit dieser Sommergeneration dauert nur circa 25 Tage bis zur Verpuppung. Die Gürtelpuppe klebt kopfüber meist im unteren Stängelbereich. Nach einer Puppenruhe von ungefähr 18 Tagen schlüpft der Falter. Die 2. und meist individuenstärkere Generation fliegt Ende Juli bis August. Die jungen Raupen der 2. Generation überwintern in Blätter eingerollt und verpuppen sich erst im darauf folgenden Frühjahr. Selten einmal kommt es zur Entwicklung einer 3. Generation, die dann im August/September anzutreffen ist.

Die Falter selbst leben etwa 25 Tage. Sie sonnen sich gerne auf Schilfrohren oder sonstigen erhöhten Stängeln. Als guter Flieger schwärmt der Große Feuerfalter zur Paarung und Nektaraufnahme weit aus und kann dann auch an völlig untypischen Standorten angetroffen werden.

Verbreitung in Rheinland-Pfalz:

Lycaena dispar kommt in Europa zerstreut in meist kleinen Populationen vor. In Rheinland-Pfalz werden vor allem die Flusssysteme von Rhein, Saar und Sauer besiedelt. Weitere Verbreitungsschwerpunkte befinden sich im Raum Trier und im südlichen Rheinland-Pfalz in der Oberrheinebene sowie westlich davon im Pfälzerwald bis zum Zweibrücker Land.

Gefährdungen:

Lycaena dispar ist in erster Linie sowohl durch eine zu intensive als auch eine großflächige einheitliche Wiesennutzung, Grünland-Umbruch und Bebauung gefährdet. Dies führt zur Entwertung beziehungsweise Vernichtung der artspezifischen Lebensräume und beseitigt die Eiablage- und Raupenfutterpflanzen auf breiter Fläche. Eine intensive, häufige und in die Fläche gehende Mahd, die Mahd von Graben- oder Fließgewässerrandstrukturen und Grabenräumungen, Grundwasserabsenkungen beziehungsweise Entwässerungen sowie starke Verbuschung und Wiederbewaldung greifen in erheblichem Maße in den Lebensraum des Großen Feuerfalters ein.

Schutzmaßnahmen:

Der Große Feuerfalter braucht ein großflächiges Wiesenmosaik mit einem ausreichenden Angebot an Raupenfutter- und Nektarpflanzen als Lebensraum. Da die Individuendichte der Art gering ist und Untersuchungen zufolge unter einem Tier pro Hektar liegt, muss das Minimalareal einer überlebensfähigen Population relativ groß sein.

Um die Eiablage und Entwicklung der Raupen zu gewährleisten, sollten Flächen mit den entsprechenden Ampferarten in den Vorkommensgebieten der Falter nicht oder zumindest nicht großflächig beseitigt werden.

Bestände der Nektarpflanzen sollten zur Flugzeit der Falter nicht gemäht werden, um auch ihre Ernährung sicherzustellen. Eine Mahd und Unterhaltung von Grabensystemen sollte zeitlich und räumlich differenziert auf die Entwicklung des Großen Feuerfalters abgestimmt sein. Wichtig ist der Erhalt stets ausgeprägter Säume der feuchten Hochstaudenfluren, vor allem der Mädesüßfluren, entlang von Fließgewässern oder Gräben. Auf Dauer kann diese Schmetterlingsart nur erhalten werden, wenn darüber hinaus Feuchtwiesen nicht trockengelegt und bei bestehenden Entwässerungssystemen wieder vernässt werden. Entbuschungsmaßnahmen können zur Eindämmung des Gehölzaufkommens im Feuchtgrünland erforderlich sein.

Literatur:

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Loritz, H.; Settele, J. (2002): Der Große Feuerfalter (Lycaena dispar, HAWORTH 1803) im Queichtal bei Landau in der Pfalz: Wirtspflanzenwahl und Eiablagemuster. Mitteilungen der Pollichia 89: 309-321.

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Petersen, B.; Ellwanger, G.; Biewald, G.; Hauke, U.; Ludwig, G.; Pretscher, P.; Schröder, E.; Ssymank, A. (Bearb.) (2003): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Bd.1: Pflanzen und Wirbellose. Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 69/1. Bundesamt für Naturschutz, Bonn (Hrsg.): 515-522.

Stand: 23.10.2014