1042 - Große Moosjungfer (Leucorrhinia pectoralis) | FFH-Arten in RLP

Steckbrief zur Art 1042 der FFH-Richtlinie

Große Moosjungfer (Leucorrhinia pectoralis)

Gruppe:

Libellen

Merkmale:

Die Große Moosjungfer wird zwischen 3,5 und 5 cm groß. Sie erreicht eine Flügelspannweite von durchschnittlich 5,5 bis 6,5 Zentimetern. Kennzeichnend ist die gelbe Zeichnung auf dem Hinterleib, die sich beim Männchen als großer, leuchtend gelber Fleck, beim Weibchen als eine Kette gelber Flecken darstellt. Diese Körperzeichnung und ihre eher kräftige Gestalt lässt eine Verwechslung mit anderen Libellenarten nicht zu. Wie alle anderen Moosjungfer-Arten ist das "Gesicht" der Großen Moosjungfer weiß gefärbt.

Lebensraum:

Die Große Moosjungfer besiedelt vor allem wärmebegünstigte, kleinere, nährstoffarme Gewässer mit einer lückigen Vegetation aus Helophyten (im Wasser stehenden Sumpfpflanzen). Das Spektrum der besiedelten Gewässer reicht von Moor-Randgewässern oder Torfstichen bis zu nährstoffarmen Abgrabungsgewässern wie Sand- oder Kiesgruben. Viele der Entwicklungsgewässer liegen windgeschützt, umgeben von lichten Wäldern.

Die Imagines meiden vegetationslose ebenso wie stärker bewachsene Stillgewässer. Sie konzentrieren sich an Gewässern mit lockerem Bewuchs, an denen der Deckungsgrad der emersen Vegetation (Wasserpflanzen, die über die Wasseroberfläche hinausragen) ca. 40% nicht übersteigt. Wesentliche Elemente dieser Gewässer sind eine vertikale Vegetationszonierung aus Seggen oder Binsen, einer lockeren Schwimmblatt- oder oberflächennahen Tauchblattvegetation und freie Wasserflächen mit einer Mindestgröße von ca. 0,5 m². Im Regelfall sind diese Gewässer wegen des dunklen Torfuntergrundes beziehungsweise einer geringen Wassertiefe leicht erwärmbar. Dies scheint für die Entwicklung der Larven ein wichtiger Faktor zu sein.
 
Ruhe- und Schlafplätze sind senkrechte Strukturen wie Seggen oder Gehölze am oder im Wasser. Oft sieht man die Große Moosjungfer 1-3 m vom Gewässerrand entfernt sitzen, aber auch in angrenzenden lichten Wäldern.

Die Larven leben im Wasserried an ca. 30 - 50 cm tiefen Stellen, zwischen den Wasserpflanzen, teilweise vermutlich auch auf dem Bodenschlamm. Damit sich eine Larvenpopulation der Großen Moosjungfer erfolgreich entwickeln kann, ist außerdem ein möglichst geringer Fischbesatz im Gewässer entscheidend.

Biologie und Ökologie:

Gegen Mitte bis Ende Mai verlassen die Larven nach einer meist zweijährigen, manchmal dreijährigen Entwicklungszeit das Wasser und verwandeln sich in das flugfähige Insekt. Während der Reifungszeit, die um die 11 bis19 Tage dauert, erfolgt die abschließende Entwicklung der Fortpflanzungsorgane sowie die Anlage von Fettreserven. Die Flugzeit der Moosjungfer erstreckt sich bis ungefähr Mitte Juli.

Die Männchen besiedeln etwa 10m² große Territorien, die sie auch gegenüber anderen Libellenarten verteidigen. Sie sind standorttreu und kommen immer wieder zu demselben oder zu naheliegenden Gewässern zurück. Da die Habitate jedoch meist klein sind, sind geschlüpfte Tiere häufig gezwungen, auch zu Gewässern in mehreren Kilometern Entfernung abzuwandern. Die Paarung wird im Flug eingeleitet, das Paarungsrad wird hängend in Bäumen oder Sträuchern gebildet. Das Weibchen legt die Eier im Wippflug zwischen den Wasserpflanzen auf der Wasseroberfläche ab. Dabei bevorzugt es flache Gewässerbereiche oder dunklen Untergrund. Die Eier sinken auf den Grund des Gewässers ab. Die Embryonalentwicklung dauert etwa 6 Wochen.

Verbreitung in Rheinland-Pfalz:

Anfang des 20. Jahrhunderts kam die Große Moosjungfer in den mesotrophen Gewässern der Eifel vor. Abgesehen von Einzelvorkommen gab es in Rheinland-Pfalz keine beständigen Vorkommen. Da die Art jedoch immer wieder zu stärkeren Ausbreitungsflügen neigt, war eine häufigeres Auftreten in Rheinland-Pfalz jederzeit möglich.

Im Jahr 2012 ließ sich die Große Moosjungfer dann vermehrt vor allem in der Pfalz nachweisen. Die Ursachen für das verstärkte Auftreten sind außer in einer Zunahme der Populationen selbst in einer starken Zuwanderung zu suchen.

Vorkommen in FFH-Gebieten:

Im Gebiet nicht bekannt

Gefährdungen:

Die für die Große Moosjungfer wichtigen wärmebegünstigten nährstoffarmen, oligotrophen beziehungsweise mesotrophen Stillgewässer (Moorgewässer, Torfstichkomplexe, nährstoffarme Weiher) sind in West- und Mitteleuropa nutzungs- und kulturbedingt verschwunden beziehungsweise selten geworden. Eine zusätzliche Gefährdung der Großen Moosjungfer ergibt sich aus ihrer Bindung an ein mittleres Sukzessionsstadium der Vegetation.

Die tagsüber aktiv jagenden Moosjungfer-Larven sind in ihrem Lebensraum mit lückiger Vegetationsstruktur einem besonderen Beutedruck durch Fische ausgesetzt. Nur in möglichst fischfreien Gewässern ist ihre Jagdstrategie erfolgreich. Fischbesatz führt zum Erlöschen der Larvenpopulation.

Schutzmaßnahmen:

In der Schweiz und in Baden-Württemberg wurde und wird mit manuellem Aufwand versucht, geeignete Habitate zumindest zeitweise wiederherzustellen. In einem "Rotationsmodel" mit partieller Entfernung der Vegetation werden wichtige Sukzessionsstadien geschaffen und erhalten Die positiven Effekte dieses Biotoppflegemodells für die Entwicklung der Populationen der Großen Moosjungfer sind nachgewiesen. Ob anthropogene Eingriffe den Erhalt der Art sichern müssen, ist nicht erforscht.

Ist eine solch intensive Betreuung von Lebensräumen dieser Libellenart nicht möglich, müssen Maßnahmen ergriffen werden, eine Eutrophierung der Habitate zu verhindern, damit sich eine lückige Riedvegetation entwickeln kann.

Ebenso wichtig ist es, einen Besatz mit Fischen in den (auch potenziellen) Lebensräumen zu vermeiden.

Literatur:

Mauersberger, R.; Petzold, F. (2001): Moosjungfern (Leucorrhinia albifrons, L. caudalis und L. pectoralis). In: Fartmann, T.; Gunnemann, H.; Salm, P.; Schröder, E.: Berichtspflichten in Natura 2000-Gebieten. Angewandte Landschaftsökologie 42: 337-344.

Petersen, B.; Ellwanger, G.; Biewald, G.; Hauke, U.; Ludwig, G.; Pretscher, P.; Schröder, E.; Ssymank, A. (Bearb.) (2003): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Bd.1: Pflanzen und Wirbellose. Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 69/1. Bundesamt für Naturschutz, Bonn (Hrsg.): 586-592.

Ott, J. (1989): Wiederfund der Großen Moosjungfer, Leucorrhinia pectoralis (Charpentier, 1825), in Rheinland-Pfalz. Libellula 8: 173-175.

Ott, J. (2005): Die Große Moosjungfer Leucorrhinia pectoralis (CHARPENTIER, 1825) - erneuter Nachweis für Rheinland-Pfalz (Odonata: Libellulidae). Fauna und Flora in Rheinland-Pfalz 10(3): 921-926.

Ott, J. (2012): Zum starken Auftreten der Großen Moosjungfer - Leucorrhinia pectoralis (CHARPENTIER, 1825) - im Jahr 2012 in Rheinland-Pfalz nebst Bemerkungen zu Leucorrhinia rubicunda (L.) (Insecta: Odonata). Fauna und Flora in Rheinland-Pfalz 12(2): 571-590.
  
Schiel, F.-J.; Buchwald, R. (1998): Aktuelle Verbreitung, ökologische Ansprüche und Artenschutzprogramm von Leucorrhinia pectoralis (Charpentier) (Anisoptera: Libellulidae) im baden-württembergischen Alpenvorland. Libellula 17(1/2): 25- 44.

Schiel, F.-J.; Buchwald, R. (2001): Die Große Moosjungfer in Südwest-Deutschland: Konzeption, Durchführung und Ergebnisse des LIFE-Natur-Projekts für gefährdete Libellenarten am Beispiel von Leucorrhinia pectoralis. Naturschutz und Landschaftsplanung 33(9): 274-280.
  
Sternberg, K.; Buchwald, R. (Hrsg.) (2000): Die Libellen Baden-Württembergs. Band 2: Großlibellen (Anisoptera). Ulmer. Stuttgart 712 pp.

Wildermuth, H. (1994): Populationsdynamik der Großen Moosjungfer, Leucorrhinia pectoralis Charpentier, 1825 (Odonata, Libellulidae). Zeits. Ökologie und Naturschutz 3(1): 25-39.

Stand: 17.02.2014