1016 - Bauchige Windelschnecke (Vertigo moulinsiana) | FFH-Arten in RLP

Steckbrief zur Art 1016 der FFH-Richtlinie

Bauchige Windelschnecke (Vertigo moulinsiana)

Gruppe:

Weichtiere

Merkmale:

Die Bauchige Windelschnecke ist die größte Windelschneckenart Mitteleuropas. Das Gehäuse mit 5 Rechtswindungen erreicht eine Länge von etwa 2,5 mm und eine Breite von etwa 1,5 mm. Es ist von schwach gelblicher oder rötlichbrauner Farbe, bauchig-eiförmig und glänzend. Die stark erweiterte Endwindung nimmt zwei Drittel der Gehäusehöhe ein. Kopf und Fuß der Schnecke sind glänzend schwarz.

Lebensraum:

Die Landschnecke besiedelt kalkreiche Moore und Sümpfe, vor allem in den Niederungen. Sie lebt in unmittelbarer Gewässernähe, vor allem an Fließgewässern, sowohl auf abgestorbenen als auch lebenden Stängeln von Pflanzenarten wie Wasserschwaden, Seggen oder Schilf in 30-100 cm Höhe über dem Boden beziehungsweise der Wasseroberfläche. In Schilfröhrichten, Großseggenrieden und Pfeifengraswiesen kann sie teilweise hohe Siedlungsdichten erreichen. Vertigo moulinsiana benötigt ein ausreichend feuchtes und warmes Mikroklima, meidet aber Staunässe.

Biologie und Ökologie:

Die Bauchige Windelschnecke ist nachtaktiv. Ihre Nahrung besteht hauptsächlich aus mikroskopisch kleinen Pilzen, die an Sumpfpflanzen schmarotzen.

Die Tiere sind Zwitter, also in der Lage, sich selbst zu befruchten. Hauptfortpflanzungszeit ist Mai bis August. Die weichschaligen Eier benötigen weniger als 2 Wochen zur Entwicklung. Bis zur Geschlechtsreife dauert es ungefähr 1 Jahr. Die Lebenserwartung der Schnecke liegt bei etwa 2 Jahren.

Über Winter vergraben sich die Tiere meist im Pflanzenmulm, nur in ausreichend warmen Wintern verbleiben sie auf den Pflanzen.

Verbreitung in Rheinland-Pfalz:

Vertigo moulinsiana kommt in Deutschland nur lokal vor, Verbreitungsschwerpunkte liegen im Nordosten Deutschlands, im Oberrheingraben und Alpenvorland. Die in Rheinland-Pfalz bekannten rezenten Vorkommen konzentrieren sich auf das Oberrheinische Tiefland.

Gefährdungen:

Als Relikt nach- und zwischeneiszeitlicher Wärmeperioden reagiert die Bauchige Windelschnecke empfindlich auf niedrige Wintertemperaturen. Ihr Fortbestand wird durch Mahd außerhalb des Winterhalbjahres und eine intensive Beweidung von Röhrichten und Großseggenrieden bedroht, da hierdurch die Pflanzen, auf denen sich die Tiere aufhalten, mitsamt den Tieren beseitigt werden. Weitere Gefährdungsursachen sind sowohl Grundwasserabsenkungen als auch Überstauung ihres Lebensraumes sowie Nährstoffanreicherungen in ihrem Habitat, da diese Veränderungen der Vegetation bewirken können.

Schutzmaßnahmen:

Angesichts des geringen Kenntnisstandes ihrer Lebensraumansprüche und ihrer Biologie ist der unmittelbare Schutz der Fundorte zum Erhalt dieser Art vordringlich. Intensive und großflächige Unterhaltungsmaßnahmen von Uferstreifen und Gewässerrändern im Bereich bekannter Vorkommen sind zu vermeiden.

Unter dem Motto „Bedrohte Tierarten“ gab die Deutsche Bundespost im Jahre 2002 eine Briefmarke mit einer Abbildung der Bauchigen Windelschnecke heraus. Ein Jahr später wurde sie zum Weichtier des Jahres gewählt.

Literatur:

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Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (Hrsg.) (2006): Schmale und Bauchige Windelschnecke. Arten der Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie. Faltblatt.

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Stand: 26.08.2014